Hochofen 5 im Landschaftspark Duisburg-Nord.
Hochofen 5 im Landschaftspark Duisburg-Nord. Foto: Tuxyso / Wikimedia Commons

50 plus 1: Städtebauförderung – 1980er–2000er-Jahre: Transformation und Empowerment

Am 14. Mai ist Tag der Städtebauförderung. Für Baukultur Nordrhein-Westfalen ist das Anlass, auf beispielhafte nordrhein-westfälische Projekte der vergangenen 50 Jahre zu blicken. Blog-Beitrag 2: 1980er–2000er-Jahre.

1980er–2000er-Jahre: Transformation und Empowerment

Die Rahmensetzungen für die Förderung veränderten sich stetig: Ökonomischer, ökologischer und gesellschaftlicher Elemente sind einer steten Dynamik unterworfen und die Anpassung der Städte eine Daueraufgabe. Besonders beispielhaft wurden im Ruhrgebiet innovative Projekte als Impuls genutzt, um den Strukturwandel im Ruhrgebiet zu gestalten. Mit der Internationalen Bauausstellung Emscher Park (IBA) sollte ein planerischer Ausnahmezustand erzeugt werden, um innovative Projekte für eine ganze Region umzusetzen. Ein Programmgebiet von 300 Quadratkilometer Fläche und 5,5 Millionen Einwohner*innen sollte Impulse für den Strukturwandel in der Region mit über 120 Projekten bieten.

Die Städtebauförderung hat einen Großteil der Projekte nicht nur finanziell unterstützt, sondern auch initiiert. So konnte der Wegfall der Montanindustrie durch neugestaltete Standorte mit neuen Gewerbeansiedlungen aufgefangen oder neue Wohnqualitäten etabliert werden. Industriedenkmäler schufen eine Identität für das Ruhrgebiet. Doch die Städtebauförderung hat hier nicht nur Stadt gestaltet: Sie hat Bewusstsein für eine neue Form der Landschaft gefördert und innovative Wege aus dem Strukturwandel aufgezeigt. Erst im Jahr 2020 wurden die letzten Projekte der IBA-Emscher-Park abgeschlossen.

EVANGELISCHE GESAMTSCHULE GELSENKIRCHEN BISMARCK – PLANEN MIT SCHÜLER*INNEN

Zeitraum: 1993–2004
Kosten: ca. 17 Millionen Euro
Fläche: 12.750 qm Grundfläche

Beschreibung

Die evangelische Gesamtschule Gelsenkirchen ist ein IBA-Projekt, das innovative Architektur mit einem pädagogischen Konzept verknüpft. Das Architekturbüro plus+ bauplanung GmbH Hübner Forster Hübner hat nicht nur mit den Schülerinnen und Schülern deren Wünsche zur Ausgestaltung ihrer Klassenräume in die Pläne übernommen, sondern diese auch im Bau realisiert.

Eine weitere Besonderheit: Aula, Mensa und innere Infrastruktur stehen zudem als Stadtteilzentrum Gelsenkirchen-Bismarck zur Verfügung und erfahren so eine doppelte Nutzung – als Schulräume und Räume für das Quartier.

Auch das Außengelände wurde in den Planungsprozess integriert. Die offene Architektur der Gebäude sowie die genutzten Baumaterialien sorgen für eine umfassende Verbindung zwischen Landschaft und Bau.

Baukulturelle Aspekte

Das Projekt der Gesamtschule Gelsenkirchen Bismarck hat die späteren Nutzer*innen der Gebäude schon vorab in die Planung eingebunden und zeichnet sich nicht zuletzt auch dadurch aus, dass es Kindern und Jugendlichen eine entscheidende Rolle in dem Bauprojekt zuspricht. Die bauliche Verbindung von Schule und öffentlichem Raum für die Stadtgesellschaft sorgt darüber hinaus für eine Manifestierung der Schüler*innen in das Stadtgeschehen, statt sie – wie sonst so oft – außen vor zu lassen. Hier wurde aus der Umnutzung einer Industriebrache Geschichte der Partizipation geschrieben.

Luftbild der Gesamtschule Gelsenkirchen Bismarck. © plus bauplanung
Luftbild der Gesamtschule Gelsenkirchen Bismarck. © plus bauplanung
Gesamtschule Gelsenkirchen Bismarck. Foto: Cornelia Suhan
Gesamtschule Gelsenkirchen Bismarck. Foto: Cornelia Suhan
Schulteich der Gesamtschule Gelsenkirchen Bismarck. Foto: Cornelia Suhan
Schulteich der Gesamtschule Gelsenkirchen Bismarck. Foto: Cornelia Suhan
Workshop aller Schulklassen zur Ideenfindung. © plus bauplanung
Workshop aller Schulklassen zur Ideenfindung. © plus bauplanung

DEPOT DORTMUND – INITIATIVE VON BÜRGER*INNEN UMSETZEN

Zeitraum: 1995–2001
Kosten: 4.8 Millionen Euro
Fläche: 4.500 qm

Beschreibung

Dieses IBA–Projekt geht als erstes in die Geschichte von „Initiative ergreifen“ ein. Seit 1996 gilt „Initiative ergreifen“ als Förder- und Qualifizierungsangebot des Bauministeriums, dem heutigen Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen, um bürgerschaftliches Engagement mit der Politik und Stadtentwicklung zu verbinden.

Der Verein Depot e. V. initiierte in der Dortmunder Nordstadt die Umnutzung der ehemaligen Straßenbahnwerkstätten und schaffte ein Kultur- und Wirtschaftszentrum mit viel Raum für Kunst, Handwerk, Medien und die Nachbarschaft. Heute lässt sich im Depot eine Mischung aus Gründer- und Kulturzentrum mit Platz für ca. 50 Arbeitsplätze finden.

Baukulturelle Aspekte

In ungewöhnlicher, industrieller Umgebung wurde hier ein Ort für die lokale Kunst- und Kulturszene geschaffen. Engagement und der Wille zur Umbaukultur hat aus alten Straßenbahnwerkstätten ein Nachbarschaftszentrum werden lassen. Insbesondere die nachhaltige Nutzungsmischung durch Kunst, Handwerk und Kultur sowie Dienstleistung und Gründung sorgt nun schon seit 20 Jahren für ein sehr gelungenes Umnutzungsprojekt.

Der Kulturort Depot in Dortmunds Nordstadt. Foto: Jan Schmitz
Der Kulturort Depot in Dortmunds Nordstadt. Foto: Jan Schmitz
Innenansicht der ehemaligen Straßenbahnwerkstätten, 1996. Foto: Heide Kemper
Innenansicht der ehemaligen Straßenbahnwerkstätten, 1996. Foto: Heide Kemper
Schiebebühne der ehemaligen Straßenbahnwerkstätten, 1996. Foto: Heide Kemper
Schiebebühne der ehemaligen Straßenbahnwerkstätten, 1996. Foto: Heide Kemper

LANDSCHAFTSPARK NORD – FÜR EIN NEUES VERSTÄNDNIS VON LANDSCHAFT

Zeitraum: 1990-2000
Kosten: ca. 50 Millionen Euro
Fläche: 200 ha

Beschreibung

Die Transformation der ehemaligen Eisenhütte zu einem Landschaftspark ebnete für viele weitere Projekte mit ähnlichem Charakter den Weg. Die Entscheidung, ob die Anlagen abgerissen werden oder nicht, wurde im Zuge der IBA Emscher-Park getroffen. Letztlich entschied man sich für einen Planungsprozess, der mit interdisziplinären Teams besetzt war. Der Gewinnerentwurf war ein Prinzipienwechsel im Umgang mit der industriellen Historie. Er setzte sich aus unterschiedlichen Schichten und Strukturebenen zusammen, die die Geschichte des Ortes aufgriffen, die vorhandenen Bahnlinien und Dämme nutzten, die schon vorhandene Vegetation einbetteten und das Vorhandene weiterentwickelten, um die Geschichte der Industriekultur zu erzählen.

Baukulturelle Aspekte

Der Wandel von einer Industriebrache zu einem Erholungsraum, der die industrielle Historie nicht verschleiert, sondern als Kulisse nutzt und wertschätzt, war für den damaligen Zeitpunkt eine neue Herangehensweise, den Strukturwandel im Ruhrgebiet zu gestalten. Der Städtebauförderung gelang es hier, die Geschichte einer vermeintlichen Brache und einer Region neu zu erzählen.

Veranstaltungsstätte Gebläsehalle im Landschaftspark Duisburg-Nord Foto: Horst Neuendorf
Veranstaltungsstätte Gebläsehalle im Landschaftspark Duisburg-Nord Foto: Horst Neuendorf
Hochofen 5 im Landschaftspark Duisburg-Nord. Foto: Tuxyso / Wikimedia Commons
Hochofen 5 im Landschaftspark Duisburg-Nord. Foto: Tuxyso / Wikimedia Commons
Möllerbunkeranlage mit Rundklärbecken vor der Schließung 1985. Foto: Jürgen Dreide
Möllerbunkeranlage mit Rundklärbecken vor der Schließung 1985. Foto: Jürgen Dreide
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