„Was weißt Du ganz im Grunde über die Stadt,
die dich täglich umgibt? …
Wer hört die Geschichten, die unsere Städte erschaffen seit Jahrhunderten?
Wer entschlüsselt die Linien, die Formen, Fassaden, alles um uns her atmet gebaute Kultur, geprägt von Konzepten, Bedürfnissen, Arten zu leben, immer anders, ob Dorf oder Stadt.
Wie wir leben, wonach wir trachten und streben, beeinflusst, wie unsere Räume und Städte sich geben …“
Dominique Macri, Poetin und Moderatorin, auf dem Kongress „Building Bildung. Perspektiven baukultureller Vermittlung“ von Baukultur Nordrhein-Westfalen, 2022
Ein Bild in den Köpfen
Mit dieser Wortkunst fesselte die Moderatorin und Poetry Slammerin Dominique Macri gleich zu Beginn die Teilnehmer*innen auf dem Kongress „Building Bildung. Perspektiven baukultureller Vermittlung“ von Baukultur Nordrhein-Westfalen im November 2022. Sie ließ ein Bild in den Köpfen der Zuhörer*innen entstehen, das das Thema der Tagung nicht treffender hätte veranschaulichen können.
Viel zu wenige Menschen sind sich bewusst, wie entscheidend die gebaute Umwelt, in der sie sich 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr, von ihrer Geburt bis zum Tod aufhalten, ihr Wohlbefinden oder Unwohlsein beeinflusst. Gerne wird die gebaute Umwelt auch als unsere dritte Haut bezeichnet nach der Haut, die unser Knochengerüst und die Organe umhüllt, und der Kleidung.
Lücke im Bildungssystem
Da verwundert es schon, dass die baukulturelle Bildung kaum eine Rolle im deutschen Bildungssystem spielt. „Ob ein Kind in Deutschland während seiner Schulzeit mit baukulturellen Themen in Berührung kommt, hängt davon ab, in welchem Bundesland es lebt, welche Schulform es besucht, und wie baukulturaffin seine Lehrkräfte sind.“ Das ist das Fazit einer aktuellen Studie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) zur baukulturellen Bildung in Deutschland.
Nur wer früh die Chance erhält, sich bewusst mit seiner gebauten Umwelt auseinanderzusetzen, lernt, sie mit allen Sinnen wahrzunehmen. Diese jungen Menschen entwickeln nicht nur ein Verständnis für die Architektur, die Gestalt der Stadt und ihre Geschichte. Sie werden vielmehr motiviert, sich aktiv an ihrer Gestaltung zu beteiligen, die eigene Kreativität zu entwickeln und Chancen auszuschöpfen. Sie lernen Verantwortung für die gebaute Umwelt zu übernehmen.
Das ist nicht nur unter den Herausforderungen des Klimawandels notwendig, sondern unsere Lebensräume sind auch Ausdruck von gesellschaftlicher Vielfalt und individueller Entfaltung. Jeder und jede ist aufgefordert, ein Leben lang daran mitzuwirken, aber ohne Wissen, Verständnis und Erfahrung geht das nicht! Deshalb gibt es schon seit Längerem vonseiten einiger Baukulturakteur*innen, aber auch der Architekten- und Ingenieurverbände ein aktives Engagement, baukulturelle Bildung in den Schulen zu verankern.
Baukultur als Querschnittsthema
Dabei geht es nicht darum, kulturelle Bildung wie bislang mit einigen Aspekten im Kunstunterricht zu behandeln, sondern sie als Querschnittsthema zu verstehen, das sich leicht an jedes Unterrichtsfach andocken lässt. Voraussetzung dafür ist aber ein geschärftes Bewusstsein für die essenzielle Bedeutung dieses Themas bei den Lehrkräften. Hier gilt es, besonders in der Ausbildung der Lehrkräfte einen gezielten Schwerpunkt zu setzen.
Eine weitere wichtige Basis sind gute Lernmaterialien für die unterschiedlichen Altersstufen. „Kulturelle Bildung wird als Beitrag zur Chancengerechtigkeit und zur Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen verstanden“, so die Haltung im Regierungsbezirk Arnsberg, wo in der Behörde das „Büro Kulturelle Bildung“ eingerichtet wurde, um von dort aus diese Querschnittsaufgabe in den Schulen zu etablieren.
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