„Davon lebe ich, dass ich Dinge entwerfe, die man nicht machen kann.“
Diese Antwort erhielten nicht selten Handwerker oder Baufirmen von Stefan Polónyi. Und doch – seine kühnen Faltwerke und dünnen Schalenkonstruktionen, seine Brückenkonstruktionen aus gebogenen Rohren wurden realisiert. Die Grenze des Machbaren auszuloten und zu überschreiten, das trieb den Tragwerksplaner sein Leben lang an. Am 9. April 2021 ist Stefan Polónyi im Alter von fast 91 Jahren in seiner Wahlheimat Köln gestorben.
2012 hat das damalige M:AI, Museum für Architektur und Ingenieurkunst NRW – heute Museum der Baukultur – gemeinsam mit der TU Dortmund Stefan Polónyi eine große monografische Ausstellung gewidmet. Dabei standen nicht nur seine markanten Brücken aus gebogenen Rohren für die IBA Emscherpark und die BUGA‘97, seine kühnen Faltwerke und dünnen Schalenkonstruktionen im Mittelpunkt der Ausstellung, sondern ganz besonders die Aufgabe des Tragwerksplaners.
„Zeigen, wie es geht“
Zum Berufsschicksal von Ingenieuren gehört es, oft im Schatten des Architekten zu stehen. Polónyi aber sah seine Rolle nicht als Erfüllungsgehilfe, sondern er verstand sich stets selbstbewusst als „Ermöglicher“: „Es ist nicht die Aufgabe des Ingenieurs, dem Architekten klarzumachen, dass es nicht geht, sondern zu zeigen, wie es geht.“
Der gebürtige Ungar verließ nach dem missglückten Ungarnaufstand sein Heimatland und eröffnete 1957 mit nur 27 Jahren in Köln sein erstes Büro. In seiner über sechzigjährigen Tätigkeit hat er mit zahlreichen Architekten zusammengearbeitet: immer wieder mit Oswald Mathias Ungers und Harald Deilmann, mit Josef Paul Kleihues, mit Meinhard von Gerkan und Volkwin Marg bereits am Tegeler Flughafen, ab und an mit Axel Schultes, mit Gustav Peichel, Rem Koolhaas, Jean Nouvel, Claude Vasconi, Norman Foster, Mario Bellini und vielen mehr.
„Dortmunder Modell“
Tragwerk, ästhetische Gestaltung und Funktion bildeten für Polónyi eine unauflösliche Einheit. Dabei hatte er auch immer den Anspruch, dass die gestalterische Freiheit bei der Entwicklung von Tragwerkslösungen auch künstlerische Projekte hervorbringt. Genau diese Haltung vermittelte er in über zwanzig Jahren seiner Lehrtätigkeit an der TU Dortmund, wo er gemeinsam mit den Architekten Harald Deilmann und Josef Paul Kleihues und dem Bauingenieur Hermann Bauer 1974 das bis heute vielbeachtete „Dortmunder Modell Bauwesen“ ins Leben rief: eine gemeinsame Ausbildung von Architekten und Bauingenieuren an einer Fakultät.
Der Ansatz des „Dortmunder Modells Bauwesen“ ist bis heute vielbeachtet und hat dazu beigetragen, dass die Ausstellung „Stefan Polónyi. Tragende Linien – Tragende Flächen“ an insgesamt sechs Wanderstationen gezeigt werden konnte: am Wirkungsort von Polónyi in Dortmund, ferner an der TU Cottbus, der Freien Akademie der Künste in Hamburg, dem Oskar von Miller Forum in München, der TU Berlin, dem Museum für Moderne Kunst in Debrecen (Ungarn) und zum Schluss an Polónyis Heimatuniversität in Budapest.
Dort hatte er bei István Menyhárd studiert und war von 1952-56 dort Assistent. In dieser Zeit hat er sich wie er immer sagte, mit dem „Schalenbazillus“ angesteckt. Polónyi ist es zu verdanken, dass in der Tradition von Eduardo Torroja und auf der Grundlage der Pionierleistungen des Schweizer Heinz Isler, in den 1960er Jahren auch in Deutschland gekrümmte Schalenkonstruktionen und komplexe Faltfaltwerke mit minimalistischen Materialeinsatz bekannt wurden.
Polónyi, ein unkonventioneller und origineller Kopf in seinem Fach, war nicht nur ein genialer Tragwerksplaner, sondern auch ein charismatischer Mensch, der eine große Zahl von Schüler*innen beeinflusst hat. Unter Kolleg*innen war er nicht immer unumstritten, aber er hat ganz sicher das Berufsbild und die Stellung des Bauingenieurs in der Gesellschaft positiv verändert.
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