Ellen Schindler bei ihrem Vortrag auf dem Baukultur-NRW-Kongress „Building Bildung“ im Hans-Sachs-Haus in Gelsenkirchen.
Ellen Schindler bei ihrem Vortrag auf dem Baukultur-NRW-Kongress „Building Bildung“ im Hans-Sachs-Haus in Gelsenkirchen. Foto: Sebastian Becker

Vermittlung gelungen: Kongress zur Baukulturellen Bildung feiert Premiere

Wie lassen sich Kinder für die gestaltete Umwelt sensibilisieren, wie lassen sich Architektur und Klima in die Schule bringen – und wie verändert sich der Beruf von Architekt*innen? Dies und mehr diskutierten Fachleute auf dem Kongress „Building Bildung. Perspektiven baukultureller Vermittlung“.

Ein stimmungsvoller Beginn

Den Baukulturkongress eröffnet Moderatorin Dominique Macri mit Worten: „Wer eine Stadt kennenlernt, wird sie lieben“. „Wir gestalten und formen, jenseits aller Normen“. Oder: „Achtsam Neues erbauen, altes bewahren“. Das Publikum lauscht gebannt. Macri weiß mit Worten umzugehen, sie ist auch Poetry Slammerin und lenkt mit ihrem Gedicht die Aufmerksamkeit auf elegante Weise auf die Bühne und die Themen Vermittlung und Kommunikation.

Im Hans-Sachs-Haus veranstaltete Baukultur NRW am 17. und 18. November den Baukulturkongress „Building Bildung. Perspektiven baukultureller Vermittlung", Angesichts des Klimawandels und der Auswirkungen der Baubranche fragte Baukultur NRW mit dem Kongress nach den Inhalten, Instrumenten und der Haltung für eine baukulturelle Bildung. Wie steht es um die Bildung, welche Rolle spielt der Klimawandel und wie verändert sich der Architekturberuf?

Weniger Architektur, mehr Baukultur

Vor den ersten Vorträgen gab es ein Speed-Dating, um sich kennen zulernen. Ein Impuls von Johanna Pareigis schob die Diskussionen und das Kennenlernen an und informierte zu Möglichkeiten, draußen zu unterrichten. Damit lenkte Pareigis den Blick auf die wichtige Sensibilisierung von Kindern auf ihre Umgebung und ihre Umwelt – etwas, das später im Kongress noch öfter auftauchen sollte.

Im Kongress selbst stellte Dr. Turit Fröbe (Die Stadtdenkerei) das Fundament für die Diskussion über die Bildung her, indem sie das BBSR-Forschungsprojekt „Baukulturelle Bildung. Bedarf, Bestand, Wirksamkeit“ präsentierte. Wichtigste Erkenntnis der Studie: Der Begriff der Baukultur ist in Gesellschaft, Schule auch Hochschulen nicht richtig verankert. Zu oft ist er rein architektonisch geprägt, zu (kunst-)historisch und stilistisch. Sie plädiere dafür, den Begriff Baukultur statt Architektur zu verwenden.

„Ob ein Kind mit Baukultur in Kontakt kommt, hängt von der Schulform und von Baukulturaffinität der Lehrkräfte ab, wo das Kind wohnt – in der Stadt oder auf dem Land – und in welchem Bundesland es lebt“, erläuterte Fröbe. Sie berät Kommunen und bietet ihnen unkonventionelle, spielerische Strategien an, um Baukultur zu kommunizieren und entwickelt Vermittlungskonzepte für Kinder.

Am häufigsten sei Architektur Thema im Kunstunterricht, in der Sekundarstufe 1 aber seien es oft Bastelarbeiten. Fröbe: „Dadurch entwickeln sie kein Gefühl für den gebauten Raum.“ Ein weiteres Problem: Lehrpläne würden häufig nicht zusammengedacht. Zwar ist die Aufgabe Baukultur in die Schulen zu bringen, riesig groß. Dennoch schloss sie positiv: Lehrpläne sind nicht neu zu schreiben; eher die Lücken zu schließen. Die Voraussetzungen seien gut in Deutschland.

Das Publikum nutzte in den Panels die Möglichkeit sich zu beteiligen und Fragen zu stellen. Foto: Sebastian Becker
Das Publikum nutzte in den Panels die Möglichkeit sich zu beteiligen und Fragen zu stellen. Foto: Sebastian Becker

Bildung in Österreich und der Schweiz

Einblicke in die baukulturelle Vermittlung in Österreich und in der Schweiz eröffneten Dr. Barbara Feller und Dr. Kathrin Siebert. Feller von der Initiative Baukulturvermittlung für junge Menschen „bink“ identifizierte die Kindergärten und Schulen als wichtige Orte für die Vermittlung. Entscheidend sei es, eine auf eine Mündigkeit zur Vielfalt zu zielen und nicht eine bestimmte normierte Ästhetik lehren. Lehrkräften sollten die „Bedeutung von Baukultur fürs alltägliche Leben verdeutlichen“.

Die diplomierte Architektin und Kunsthistorikerin Kathrin Siebert stellte das Kompetenzzentrum „Archijeunes“ vor, das sich der gesellschaftlichen Verankerung der Baukultur verschrieben hat und dazu Forschungen anstößt, Netzwerke knüpft, aber auch politisch arbeitet und darüber hinaus Materialien für den Unterricht bereitstellt. Ergänzend ermöglicht der von ihr auf den Weg gebrachte Film „Baukultur betrifft uns alle“ einen niedrigschwelligen Zugang zum Thema für Kinder und Laien.

Crossmediale Vermittlung

Ellen Schindler und Heike Schwalm stellten unterschiedliche Medien vor, die die baukulturelle Vermittlung unterstützen. Schindler (De Zwarte Hond) erläuterte „Metro 010“, ein Buch über die Stadt Rotterdam, das 9.000 Kinder zum Schulstart (Anfang Februar 2023) geschenkt bekommen – egal auf welche Schule sie gehen oder wie reich sie sind. Als Graphic Novel gestaltet, arbeitet das Buch mit unterschiedlichen Zugängen, um die Geschichte der Stadt zu erzählen: Kurztexten und Faktenblöcken, Illustrationen. „Was wollen wir mit dem Buch erreichen?“, fragte Schindler und gab als Antwort: Bürgerschaft positiv besetzen, über die Identität der Stadt sprechen, und sozialen Zusammenhalt erzeugen. Mit dem langfristigen Ziel, die nächste Generation in die Stadtgestaltung miteinzubeziehen.

Stellte das crossmediale Projekt „Denkmal Europa“ vor: die Architektin Heike Schwalm von Jugend Architektur Stadt e.V. Foto: Sebastian Becker
Stellte das crossmediale Projekt „Denkmal Europa“ vor: die Architektin Heike Schwalm von Jugend Architektur Stadt e.V. Foto: Sebastian Becker

Heike Schwalm schilderte anhand der Website Denkmal Europa, wie sich mittels Denkmälern die baukulturelle Bildung vermitteln lässt. Das crossmediale Vermittlungsformat zum Kulturerbe der Vereinigung der Landesdenkmalämter liefert dazu gute Ansätze. Die Online-Plattform wurde mit einem Workbook zu einem breiten und praxisorientierten Angebot verknüpft, so dass die Impulse in der Fachwelt, aber auch von interessierten Laien gewinnbringend genutzt werden können. Wenn Kinder zum Beispiel Modelle bauen und Stadtpläne zeichnen, ist das hilfreich. Denn, so Schwalm: Sie hatten Verbindung zu ihrem Gebauten aufgebaut. Digitale Angebote können dabei sehr hilfreich sein. Außerdem sieht Heike Schwalm dabei eine gute Möglichkeit, cradle-to-cradle und Denkmalschutz einzubinden. Allgemein passt für sie Baukultur in keine Schublade, vielmehr braucht sie „Professionalisierung, Strukturen, Finanzen, Vertrieb und einen eigenen Raum.“

Ebenfalls „Instrumente“ für den Unterricht sind die Angebote von Anke Leitzgen (tinkerbrain.de) und Steffen Zimmermann. Zum Teil auf die inklusive Bildung fokussiert, zielen Leitzgen und Zimmermann auf eine sehr zugängliche und unmittelbare Wirkung von baukultureller Bildung vor Ort in der Schule. Zentral ist dabei die Frage: Wie lässt sich eine neue Generation Architektinnen, Planern, Investorinnen und Nutzern „bilden“, um sensible und umsichtige Entscheidungen für die Welt von übermorgen zu treffen? Ein Beispiel, das Leitzgen vorstellte, ist das Projekt „B wie Baukultur“, in dem ab 2023 Expertinnen und Experten aus der Praxis die Lehrkräfte virtuell im Unterricht unterstützen, damit ihr fundiertes Wissen direkt bei den Kindern ankommt.

Intensive Diskussionen und ein europäischer Blick

Im baukulturellen Gespräch (von links): Moderatorin Dominique Macri, Dr. Kathrin Siebert und Ellen Schindler. Foto: Sebastian Becker
Im baukulturellen Gespräch (von links): Moderatorin Dominique Macri, Dr. Kathrin Siebert und Ellen Schindler. Foto: Sebastian Becker

Mehrere Panels führten die einzelnen Beiträge zusammen und gaben den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Chance, sich an der Diskussion zu beteiligen. Die Gelegenheit wurde rege genutzt und entsprach damit auch der Idee von Peter Köddermann, Geschäftsführer Programm von Baukultur NRW: Der Kongress sollte nicht nur auf der Bühne stattfinden, vielmehr wünschte sich Köddermann den direkten Austausch untereinander. Das löste der Kongress ein, wie auch die Rückmeldungen zeigten.

Den Abschluss des ersten Tages bildete ein europäischer Blick von Malgorzata Wrobel von der Europäischen Kommission verschränkte die Bildung mit dem Neuen Europäischen Bauhaus (NEB). Neben den drei zentralen Werten Nachhaltigkeit, Inklusion, Ästhetik, die für die Bildung eine Rolle spielen und wichtig seien, informierte sie über die Möglichkeiten, Partner des NEB zu werden und sich bis Ende 2022 für das NEB Lab zu bewerben. Auch auf den Preis des NEB wies sie hin, der Aufruf werde am 6. Dezember veröffentlicht, Bewerbungen können bis Januar 2023 eingereicht werden.

On demand

Der erste Kongresstag lässt sich wie auch der zweite Tag on demand im YouTube-Kanal von Baukultur NRW ansehen.

Ihr Kontakt für diesen Bereich

Peter Köddermann

Peter Köddermann
Projektleitung Building Bildung

T 0209 402 441-0
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