Gemeinsam Bauen mit Geflüchteten
Die Stadt Nieheim startete ein außergewöhnliches Projekt, das die Beseitigung von Leerstand mit der Integration und Qualifikation von Geflüchteten verband: Eine kleine Gruppe geflüchteter Menschen sanierte gemeinsam mit ehrenamtlich engagierten Bürger*innen und Architekturstudierenden der Hochschule Ostwestfalen-Lippe ein altes Ackerbürgerhaus, um es anschließend gemeinschaftlich nutzen zu können.
Wichtiger Bestandteil des Projektes war die Qualifizierung der geflüchteten Personen, die bereits bei der gemeinsamen Planung des Projektes begann. Danach sollen die Projektbeteiligten die Möglichkeit erhalten, als Praktikant*innen oder Auszubildende in den beauftragten Handwerksbetrieben mitzuarbeiten. Dadurch wurde das Potenzial insbesondere der jungen Asylsuchenden genutzt, die eine sinnvolle Aufgabe und vor allem auch langfristig eine berufliche Perspektive erhielten. Profitieren konnten auch die regionalen Unternehmen im Bausektor, denen es oft an Auszubildenden mangelt. Außerdem stärkte das „Selberbauen“ das Selbstwertgefühl der jungen Menschen und die Identifikation mit der Stadt Nieheim.
Besonderes Projekt des Städtebau-Sonderprogramms für die Integration von Flüchtlingen
Mit ihrem Projekt wollte die Stadt Nieheim ein besonderes Integrationsangebot schaffen und den Geflüchteten darüber hinaus eine Bleibeperspektive geben. Das Land Nordrhein-Westfalen förderte das Projekt mit rund 300.000 Euro aus einem Städtebau-Sonderprogramm für die Integration von geflüchteten Personen.
Durchgeführt wurde das Projekt durch einen Zusammenschluss der Stadt Nieheim, der TH Ostwestfalen-Lippe und Baukultur Nordrhein-Westfalen (damals noch StadtBauKultur NRW). Die Immobilie wurde von der privaten Eigentümer*innen-Gemeinschaft für die Dauer des Projekts zur Verfügung gestellt.
Nach dem sich die Studierenden bereits seit April 2016 vor Ort mit dem Haus und seiner Umgebung auseinandergesetzt hatten, um die anschließenden Planungs- und Baumaßnahmen vorzubereiten, fand Ende September die große Auftaktveranstaltung statt. In der "Heimatwerkstatt" suchten Geflüchtete, Studierende sowie Schüler*innen aus Nieheim eine Woche lang gemeinsam nach Ideen für die Nutzung. Verschiedene Konzepte – vom Fitnessstudio über eine Bibliothek bis hin zu Werkstätten – wurden mit viel Improvisationstalent im Haus schon einmal modellhaft eingerichtet.
Integration im Bauprozess
Bis zum Baubeginn im Frühjahr 2017 wurde das Haus bereits zwischengenutzt: Die Hochschule Ostwestfalen-Lippe planteregelmäßige Lehrveranstaltungen vor Ort und die Räume standen Ehrenamtlichen für Sprachkurse und Kochabende zur Verfügung. Einmal pro Woche gab es eine offene Werkstatt, in der bereits erste handwerkliche Projekte umgesetzt wurden. Auch die Nieheimer Bürger*innen hatten weiterhin Gelegenheit, das Projekt bei öffentlichen Veranstaltungen oder durch aktive Mitwirkung kennenzulernen.
Eröffnung im Oktober 2019
Nach vier Jahren konnte das Kooperationsprojekt Heimatwerker, das die Integration und Qualifizierung von Geflüchteten im Bauprozess zur Aufgabe hatte, im Oktober 2019 einen erfolgreichen Abschluss feiern. Seither steht das sanierte Gebäude allen Nieheimer*innen offen. Neben der regionalen Beratungsstelle der AWO zur individuellen Unterstützung von Geflüchteten nutzt die Caritas das offene Haus für eine Kleiderstube mit angeschlossener Nähwerkstatt.