14.11.2014
„Die fünfte Ansicht. Von Gewölben, Schalen, Kuppeln, Dächern und ihren Ingenieuren“
Eine Einführung zur Ausstellung von Ursula Kleefisch-Jobst.
Seit den 1950er Jahren hat Stefan Polónyi zusammen mit bekannten Architekten weltweit von seinem Kölner Büro aus eine Fülle von unterschiedlichsten Bauwerken realisiert. Nach seinem Verständnis müssen Tragwerk, Form und Funktion eine unauflösliche Einheit eingehen und so zu einer ästhetischen Anmutung führen: Die Schönheit speist sich aus konstruktiver Konsequenz. Nur wenige Bauingenieure haben einen solchen Anspruch formuliert.
Das ist nicht nur auf Anerkennung, sondern auch auf Ablehnung in der eigenen Zunft gestoßen. Architekten aber, die mit Polónyi zusammengearbeitet haben, haben diesen hohen Anspruch immer als eine Bereicherung des eigenen Entwurfsprozesses verstanden. So waren es zunächst kühne Faltwerke und Schalenkonstruktionen, die Polónyi zusammen mit Josef Lehmbrock und Fritz Schaller für Kirchenbauten entwickelte, und dies in einer Zeit, in der die statischen Berechnungen noch nicht mit dem Computer erfolgten, sondern vieles nur am Modell erprobt werden konnte. Po- lónyi arbeitete eng mit Oswald Mathias Ungers zusammen, unter anderem an der Galleria für die Frankfurter Messe.
Polónyis Brücken, die seit den 1990er Jahren im Ruhrgebiet entstanden, sind mit ihren roten gebogenen Rohren als konstruktives und ästhetisches Moment mittlerweile zu Landmarken geworden. Heute entwickelt Polónyi Brücken als Gebäude über dem Fluß, sogenannte Living Bridges.
Polónyis vielfältige Berufserfahrungen flossen in seine Lehre an den Hochschulen in Berlin und Dortmund ein. Gemeinsam mit den Architekten Harald Deilmann und Josef Paul Kleihues begrün-dete Polónyi das bis heute vielbeachtete »Dortmunder Modell Bauwesen«. Es sieht die gemeinsame Ausbildung von Architekten und Bauinge- nieuren an einer Fakultät vor.
Das vorliegende Buch erscheint anläßlich der gleichnamigen Ausstellung im »Dortmunder U«. Die Beiträge beschäftigen sich mit spezifischen Aspekten im Werk von Polónyi und setzen die-se in einen historischen Kontext. So betrachten Karl-Eugen Kurrer und Ulrich Pfammatter die Entwicklung der Baustatik und die daraus resultierende Ausdifferenzierung der Berufsfelder des Bauingenieurs und des Architekten. Patrik Schumacher, Partner von Zaha Hadid, vertritt eine aktuelle Position der Zusammenarbeit der beiden Disziplinen. Die Auswirkung auf Ausbildung und Lehre betrachten Katrin Lichtenstein in ihrer Darstellung des Dortmunder Modells Bauwesen und Atilla Ötes mit Blick auf die derzeitige Studien- situation. Sonja Hnilica analysiert die ungewöhnlichen Faltwerke und Schalen in den Kirchen-projekten, und Polonyi selbst stellt seine Brücken vor bis hin zu den Entwürfen seiner Living Bridges. Eine Übersicht über die bisherigen Bauwerke von Polónyi schließt das Buch ab.
Ursula Kleefisch-Jobst und Peter Köddermann vom M:AI Museum für Architektur und Ingenieurkunst NRW sowie Katrin Lichtenstein und Wolfgang Sonne vom A:AI Archiv für Architektur und Ingenieurbaukunst NRW der TU Dortmund vertreten die Kooperation der beiden Institutionen für die Ausstellung und das vorliegende Buch.
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