Drunter und drüber. Ein Plädoyer für eine Fahrt durch Duisburg – und über seine Brücken
In der Serie "Über Brücken" blicken wir in loser Folge auf unterschiedliche Facetten desjenigen Bauwerks, das als d i e Ingenieurarbeit gilt. Peter Köddermann über Brücken in Duisburg (Teil 2).
Keine Stadt in Nordrhein-Westfalen besitzt mehr Brückenbauwerke als Duisburg! Genau genommen ist man in Duisburg immer von Brücken umgeben. Man steht unter ihnen. Oder man fährt auf ihnen über – und nicht durch – die Stadt. Der Blick aus dem Auto auf Duisburg bleibt seltsam distanziert. Die Stadt scheint an einem vorbei zu ziehen, ohne wirklich näher zu kommen.
Ein Wesenszug von Brücken ist: Sie durchziehen, zerschneiden und verbinden Räume. Sie sind Kulisse und durch ihre Nutzung auch typische Klangobjekte einer Stadt, man denke nur an das rhythmische „Dug-Dug, Dug-Dug“, das beim Überfahren von Brücken ertönt.
In Duisburg scheint die Stadt aus vielen Schichten zu bestehen, immer abhängig vom Standpunkt des Betrachters. Die Balken-, Fachwerk- oder Hubbauwerke haben ihre fest verankerte Bedeutung für die Bewohner, sind selbstverständlicher Bestandteil Duisburgs und werden entsprechend für den Stadtverkehr genutzt.
Die Stadtentwicklung Duisburgs ist eng mit Brückenbauwerken verbunden
Duisburg ohne Brücken? Undenkbar! Die Stadtteile und die Hafenbereiche müssen verbunden, der Rhein überwunden werden. Dabei war die Stadtentwicklung immer eng mit dem Bau von Brücken verbunden.
Duisburg, die Rheinstadt. Duisburg, die Industriestadt. Duisburg, der Logistikstandort. Brücken waren und sind für all das der Schlüssel und das Bindeglied. Dazu zwei Beispiele. Als in den 1950er- und -60er-Jahren ganze Hafenbereiche um circa 1,6 Meter kontrolliert abgesenkt wurden, weil sich der Rhein tiefer in sein Bett gegraben hatte, wurden Brückenbauwerke noch wichtiger. Sie hatten die entstandenen Höhenunterschiede zu überwinden, um die Verkehrsströme fließen lassen zu können. Und als Stahlarbeiter gegen die Stilllegung ihres Werkes protestierten, wählten sie im Jahr 1987 als Ort für ihre Protestblockade eine Rheinbrücke zwischen den Stadtteilen Rheinhausen und Hochfeld – und benannten sie "Brücke der Solidarität".
Brücken als Bauwerke wahrnehmen
Trotz der vielfältigen Bedeutungszusammenhänge, welche die Brückenbauwerke in Duisburg herstellen, werden sie derzeit vor allem als Kostenfaktor oder Stauverursacher diskutiert. Es geht meist um die Probleme und Nachteile, die mit Brücken verbunden sind: Ihr Wert scheint sich ausschließlich aus ihrer puren Funktion zu ergeben.
Dabei würde bereits eine bewusste Atempause ausreichen, um eine viel weiterführende Wahrnehmung der Bauwerke zu ermöglichen. Ihre Präsenz erzeugt ganz eigenwillige Stadträume. Und ihre vielfältigen Konstruktionsmerkmale wie auch ihre Einbettung in den jeweiligen Ort (und Raum) machen sie dabei immer wieder zu Unikaten. Sie stehen allgemein akzeptierten, historisch bedeutsamen Bauwerken in nichts nach. Vielmehr sind Brücken Zeugen ihrer Zeit und für den Stadtraum wertvoller, als ihre Nutzer es häufig wahrhaben wollen. Sie organisieren das "drunter und drüber" einer Stadt – erst recht in Duisburg.
Noch bis 1. Juli ist die Ausstellung "Visionäre und Alltagshelden im stadtbauraum in Gelsenkirchen zu sehen. Am Donnerstag, 21. Juni, bieten wir um 15.30 Uhr eine Kuratorenführung durch die Ausstellung an.
Der Band "Nordrhein-Westfalen - 60 Jahre Architektur und Ingenieurkunst" ist eine kritische Bestandsaufnahme der Architektur und Ingenieurkunst in Nordrhein-Westfalen nach 1945.
Nach der erfolgreichen Eröffnung von "Die fünfte Ansicht" im Oskar von Miller Forum in München blicken wir in die Ausstellung, die vom 28. Oktober bis 27. November 2016 Dächer, Kuppeln und Gewölbe zeigt.
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