Die Ingenieurkunst schlechthin
Sie dienen der Verbindung und der Orientierung. Sie sind Knotenpunkte der Mobilität, haben strategische Bedeutung und symbolisieren die Überwindung von Distanzen. All das stellen Brücken dar – allgegenwärtig und selbstverständlich in unserer heutigen Gesellschaft. Brücken gelten als die Aushängeschilder und d i e Bauwerke der Ingenieurkunst schlechthin und oft kommen sie mit Superlativen daher: Spannweite, Pfeilerabstand oder Höhe sind die Trümpfe im Quartett-Spiel der Brücken.
Beliebt und sichtbar
Andere Bauwerke von Ingenieure rücken dagegen oft in die zweite Reihe. Berichten Medien über Ingenieurleistungen, finden sich Brücken ziemlich sicher und ziemlich oft als erste darunter. Regelmäßig werden Preise ausgelobt und verliehen. Ein Beispiel ist der Deutsche Brückenbaupreis 2018 für eine Brücke in Heilbronn und eine in Weimar. Brücken ragen in vielerlei Hinsicht heraus.
Jedoch sind Brücken nicht nur Liebling der Medien und mitunter signature bridges, an ihnen lässt sich auch technische Innovation und Erfindergeist erkennen. Deutlich tritt dies beim Blick auf die industrielle Revolution und die Entwicklung neuer Materialien wie Eisen hervor, denn damit sind Brücken untrennbar verbunden. Auch das Bauwesen wie wir es heute kennen, hängt mit vielen Errungenschaften durch den Brückenbau zusammen. Letztlich wären ohne ihn Transport und Mobilität in der heutigen Form nicht möglich.
Wer auf die aktuelle Diskussion um den Zustand der Infrastruktur in Deutschland schaut, erkennt: Brücken spielen dabei eine Hauptrolle. Viele Brücken lassen sich nur noch zum Teil befahren und müssen ertüchtigt werden. Wartungsarm ist hier das Stichwort und eine wichtige technische Eigenschaft im derzeitigen Brückenbau.
Gebäude über dem Fluss
Neben ihrer Bedeutung als Verkehrswege können Brücken auch Baugrund für Gebäude sein. Waren es zunächst kleine Geschäftsbuden, die auf den Brücken entstanden, bebaute man nach dem großen Stadtbrand von 1472 in Erfurt die Brücke über die Gera mit dreigeschossigen Fachwerkbauten. Heute, in Zeiten von knappem Baugrund, entwickeln Ingenieure Konstruktionen, die Verkehrsweg und Bauwerk in einem sind, sogenannte living bridges.
Brücken als Teil der Landschaft
Herausragende Brückenbauten sind auch Kunstwerke, denn sie können zu markanten Objekten in der Landschaft werden. Brücken verbinden nicht nur zwei Punkte miteinander, sondern sie greifen in die Landschaft ein und verändern sie. Gelungene Brücken aber nehmen Charakteristika ihrer Umgebung auf und verbinden sich in idealer Weise in Form und Materialsprache mit ihr. "Dabei ist der Bezug zur Umgebung von großer Bedeutung" [1] , schreibt der Ingenieur Stefan Polonyi. Die farbigen Stahlrohre seiner Brücken sollen an die Industriegeschichte des Ruhrgebietes anknüpfen.
Mehr als genug Gründe, warum wir uns im Anschluss an die kürzlich beendete Ausstellung "Visionäre und Alltagshelden. Ingenieure – Bauen – Zukunft" noch etwas länger mit Brücken beschäftigen wollen. In der Ausstellung, die wir gemeinsam mit dem Oskar von Miller Forum konzipiert haben, spielen die Brücken ebenfalls eine Rolle, etwa die Brücke „Sultan Yavuz Selim I.“ in Istanbul oder, aufgrund ihrer historischen Bedeutung, die Brooklyn Bridge in New York.
Serie "Über Brücken" im M:AI-Blog und auf Facebook
Nun rücken wir unterschiedliche Brücken in Deutschland, aber auch aus dem Ausland noch einmal in den Fokus, von Zweckbauten bis zu koketten Konstruktionen. Es wird eine mehrwöchige Serie auf der M:AI-Facebook-Seite geben (#ueberbruecken18), in loser Folge ergänzen Autorinnen und Autoren das Thema mit Blogbeiträgen zu speziellen Facetten.
[1] Stefan Polónyi, in: "Tragende Linien – Tragende Flächen", S. 52, Stuttgart, 2012.
Die anderen Teile der Blog-Serie "Über Brücken":
Drunter und drüber. Ein Plädoyer für eine Fahrt durch Duisburg – und über seine Brücken (Teil 2)
Über Brücken - Eine neue Brückengeneration: robust, wartungsarm und dauerhaft (Teil 3)
Mehr als nur Verkehrsadern? Living Bridges als Wohn- und Arbeitsraum (Teil 4)
Einem eine Brücke treten. Ein Streifzug durch die Kultur der Brücken (Teil 5)