Investor*innen verzweifelt gesucht – Ausverkauf der Kirchengebäude
Kirchen werden immer häufiger zum Verkauf angeboten. Dabei stellt sich die Frage: Berücksichtigen Kirchenträger noch ausreichend die vielfältigen Bedeutungsebenen ihrer Kirchen als Gebäudetypologie und Orte der Gemeinschaft?
Immer häufiger werden Kirchengebäude zum Verkauf angeboten. Für die Kirchenverwaltungen sind sie von heiligen Orten zu nüchternen Kosten geworden. Gründe dafür sind neben den sinkenden Gemeindemitgliedern und Kirchensteuereinnahmen Sanierungsstaus sowie hohe Betriebs- bzw. Instandhaltungskosten. In der Konsequenz werden die oft denkmalgeschützten Bauwerke zu Investitionsobjekten mit Renditezwang degradiert.
Chance für die Transformation
Dabei stellt sich die Frage: Berücksichtigen Kirchenträger noch ausreichend die vielfältigen Bedeutungsebenen ihrer Kirchen als Gebäudetypologie und Orte der Gemeinschaft? Gesellschaftlich betrachtet, stehen viele Kirchen mit ihren einzigartigen Räumen als natürliche Orte für Gemeinschaft und Kultur. Gerade auch in Hinblick auf aktuelle Entwicklungen in der katholischen und evangelischen Kirche können Kirchengebäude inhaltlich durchaus neu besetzt und wieder zu dringend benötigten Orten des Austausches transformiert werden – unabhängig von Religionszugehörigkeit oder Nationalität. Könnte dies nicht auch als Chance für die Transformation seitens der Kirchenträger begriffen werden?
Von Stadtteilzentrum bis Veranstaltungsort
In NRW gibt es bereits viele Projekte, die zeigen, wie dies gelingen kann. Dazu gehört beispielsweise die Dortmunder Segenskirche, die seit über zehn Jahren als Gemeindezentrum und Veranstaltungsort genutzt wird. In Gelsenkirchen ist in der Lukaskirche ein Stadtteilzentrum mit Großküche, Theater, Kinder- und Jugendräume, Büros, Schulungs- und Beratungsbereiche sowie Fahrradwerkstatt entstanden. Ebenfalls zum Stadtteilzentrum wurde die Friedenskirche in Bochum. Dort bestand bei den Stadtteilbewohner*innen ein Bedarf an Räumen für Begegnung und Austausch sowie soziale und kulturelle Arbeit. Zwei weitere beispielhafte Projekte befinden sich in Köln: Die Christuskirche, die zum urbanen Ort wurde, an dem sich Sakralität, Kultur und Soziales räumlich treffen, sowie die Epiphaniaskirche, bei der die liturgische Nutzung mit dem offenen Gemeindecafé im neuen Anbau ergänzt wurde.
Baukultur NRW engagiert sich für eine verstärkte gesellschaftliche Beschäftigung mit dem Thema. Auf der Website „Zukunft Kirchen Räume“ präsentiert Baukultur NRW derzeit über 100 Projekte. Und da der Leerstand und die Transformation von Kirchengebäuden noch am Anfang steht (verschiedene Schätzungen gehen von einer Schließungsquote zwischen 30 und 50 Prozent aus), werden laufend neue Projekte auf der Plattform ergänzt.
Mit der Ausstellung zeigt das Museum der Baukultur NRW von 1.9. bis 6.10.2024 in Essen die Möglichkeiten für neue Nutzungen leer stehender Kirchen – und welchen Blick die beteiligten Menschen darauf haben.
Das im Mai veröffentlichte Kirchenmanifest stößt auf reges Interesse in der Öffentlichkeit. Initiiert wurde es von zehn Partner*innen aus Baukultur, Forschung und Stiftungswesen.
Herausforderung Sakralraumtransformation – Stefanie Lieb und Ulrich Königs (DFG-Projekt TRANSARA), Sebastiaan Gerards (Landmarken AG) und Peter Köddermann (Baukultur NRW) bringen am Donnerstag, 15. Juni 2023, religiöse, soziale, ökonomische und architektonische Perspektiven miteinander ins Gespräch.
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