Neues Zusammenleben in der Stadt

Das Bundeskabinett hat vergangenen Monat eine weitreichende Anpassung des Städtebaurechts beschlossen. Schon der Titel des Gesetzentwurfes „zur Stärkung des neuen Zusammenlebens in der Stadt" macht neugierig.

Worum geht es denn eigentlich beim „neuen Zusammenleben“? Um den netten Nachbarn von nebenan? Um die lärmenden Kinder auf dem Spielplatz? Um die Flüchtlinge in der nächstgelegenen Erstunterkunft? Ja, um die geht es auch – aber nicht nur um sie, sondern auch um alles andere: „Ambitionierter Klimaschutz, Anpassung an die Folgen des Klimawandels, mehr Grünflächen, saubere Luft, flächenschonende Siedlungsplanung, umweltverträgliche Mobilität – all das sind Themen, die sich unmittelbar in den Städten bemerkbar machen und Einfluss auf das Zusammenleben der Menschen haben“, ist im Gesetzentwurf nachzulesen. 

Vor allem soll der Gesetzentwurf aber dazu beitragen, den dringend erforderlichen Bau von Wohnraum in innerstädtischen Gebieten zu erleichtern. Doch der Gesetzentwurf will nicht als kühler Verwaltungsakt missverstanden werden, sondern als verantwortungsvolles Handeln für die Zukunft unserer Städte: „Angestrebt werden Städte und Gemeinden, die für soziale Gerechtigkeit und Teilhabe stehen, für ein lebendiges, tolerantes und kreatives Miteinander, für eine saubere Umwelt und ein intaktes Klima sowie für die Verantwortung für kommende Generationen im Sinne der Nachhaltigkeit.“ Dieser Anspruch ist groß – aber er ist in der Sache richtig. Der Gesetzgeber orientiert sich damit an den Forderungen, die schon lange im Fachdiskurs und in diversen Positionspapieren formuliert wurden: Nämlich der Innenentwicklung den Vorzug zu geben und die funktionale und soziale Mischung unserer Städte zu befördern. 

Um diesem Anspruch gerecht zu werden, wäre eine umfangreiche Novellierung veralteter Vorschriften und Gebietskategorien vonnöten. Aber der vorliegende Gesetzentwurf beschränkt sich im Wesentlichen darauf, die genannten Herausforderungen durch die Einführung einer neuen Gebietskategorie in der Baunutzungsverordnung zu lösen. „Urbanes Gebiet“ heißt diese neue Gebietskategorie und auch sie schlägt einen verheißungsvollen Ton an. Denn während ihre älteren Schwestern noch ganz unverfälscht nach deutschem Baurecht klingen („Wohngebiet“, „Mischgebiet“, „Gewerbegebiet“), hat das „urbane Gebiet“ den Sound der Großstadt. Es klingt nach Vielfalt, nach Dynamik und vielleicht auch nach etwas mehr Lärm – aber es klingt gut!

Erreicht werden soll das durch einen höheren Wohnanteil sowie durch eine höhere Dichte. Im „urbanen Gebiet“ dürfen 80 Prozent eines Grundstücks bebaut werden statt nur 60 Prozent wie im Mischgebiet. Außerdem soll ein maximaler Lärmpegel zulässig sein, der 3dB über den bisherigen Immissionsrichtwerten für Mischgebiete liegt. Auch die Immissionsrichtwerte für die Ruhezeit am Abend sowie an Sonn- und Feiertagen werden erhöht.

Man kann (und muss) darüber streiten, ob das „urbane Gebiet“ baurechtlich sinnvoll beschrieben wurde. Ob die Dichte zu hoch oder der Lärmschutz zu streng ist. Sicher ist aber, dass das „urbane Gebiet“ nur ein Anfang für das „neue Zusammenleben in der Stadt“ sein kann. Denn dort, wo urbane Gebiete ausgewiesen werden – zum Beispiel auf alten Gewerbegebieten – wird sich nicht so schnell das städtische Leben entfalten, das der Name verspricht. Und überall dort, wo keine urbanen Gebiete ausgewiesen werden – also im ganz überwiegenden Teil der Städte –  dominiert weiterhin das Baurecht des vergangenen Jahrhunderts, das Urbanität eher verhindert als befördert. Trotzdem bleibt zu wünschen, dass das „urbane Gebiet“ auch seine Kritiker überzeugen wird, damit es tatsächlich zum Anfang des „neuen Zusammenlebens in der Stadt“ werden kann.

Der Gesetzesentwurf im vollen Wortlaut: www.bmub.bund.de. In der bauwelt kommentiert der Hamburger Oberbaudirektor Jörn Walter die geplanten Änderungen: www.bauwelt.de.

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