Häufig wird nicht umgebaut, weil es vermeintlich unwirtschaftlich ist. Dass es auch anders geht, erklären Annabell von Reutern, Sarah Dungs und Timm Sassen vom „Verband für Bauen im Bestand“.
Dass Bauen Geld kostet, ist häufig ein Knackpunkt für den Ressourcenschutz. Denn mit altbekannten Mitteln wird das Umbauen vermeintlich teurer als der Abriss und Neubau. Annabell von Reutern (Concular) sowie Sarah Dungs und Timm Sassen (Greyfield) vom „Verband für Bauen im Bestand“ (BiB) erklären, wie es anders geht. Gemeinsam haben sie sich auf den Weg gemacht, das Bauen im Bestand zu fördern und negative Vorurteile aus dem Weg zu räumen. „Wir wollen persönlich und mit unserem Verband für Bauen im Bestand dazu beitragen, nachhaltig zukunftsfähige Stadträume für Leben und Arbeit zu schaffen und Teil der Lösung sein, nicht des Problems“, heißt es auf ihrer Website.
Häufig wird nicht umgebaut, weil es vermeintlich unwirtschaftlich ist. Was setzen Sie dieser Annahme entgegen?
Annabell von Reutern: „Wenn das Risiko eingepreist werden kann, dann ist Bestand nicht teurer. Risikofelder transparent machen und Erfahrungen aufbereiten, ist essentiell. Konkret bedeutet dies, Gewerke in Einzelvergabe zu vergeben sowie eine gute Koordination und Stärkung der Projektbeteiligten durch Definition eines gemeinsamen Ziels. Die wirkliche Verantwortungsübernahme und das Vertrauen in die Akteur*innen sollte endlich wieder zum Standard werden. Bestandsimmobilien können auch bei der Suche nach Nutzer*innen einen wirtschaftlichen Vorteil bringen, indem es attraktivere Flächen vorhält und die Identität des Standortes durch Baukultur stärkt. Spannend ist auch die Entwicklung der neuen Währung CO₂ zu beobachten. Die Anforderungen, Emissionen einzusparen, zirkulär zu bauen und das Urban Mining Potenzial der Immobilie zu kennen, steigen stark an.“
Sarah Dungs und Timm Sassen, Geschäftsführende der Greyfield Group, haben zum Ziel, „Bestandsimmobilien wieder nutzbar zu machen und sie dann an die Menschen zurückzugegeben“. Greyfield plant ausschließlich im Bestand. So wird zum Beispiel aus einer Druckerei ein Innenstadt-Logistikhub. Im Gespräch erläutern sie ihre Ansätze.
Wie geht Greyfield vor, um beim Umbauen den ökologischen Wert eines Gebäudes mit dem ökonomischen Wert zusammenzubringen?
Sarah Dungs: „Klassisch wird der Gebäudewert in Euro pro Quadratmeter bemessen und eine Lebenszyklusdauer von 50 Jahren angenommen. Über beides muss man in Zukunft nachdenken. Anstatt jeden Zentimeter für Nutzfläche zu optimieren, sollten Erlebnisräume im Bestand (Anm.: Wie die im Greyfield-Büro geschaffene Galerie, die dem Raum eine zusätzliche Qualität gibt) geschaffen werden. Das könnte auch die Nutzungszeit und damit die Lebensdauer von Gebäuden erhöhen. Daher sollten nicht die Planer*innen in der Pflicht sein, mit teuren Gutachten zu belegen, dass ein Gebäude nicht abgerissen und neugebaut werden muss, sondern neue Wege geschaffen werden.“
Timm Sassen: „Der Bestand hat die in ihm gebundenen Treibhausgase und grauen Energien sowie die verbauten Materialien längst abgeschrieben und ist dem Neubau damit per se ökologisch überlegen. Wir versuchen als Greyfield vor allem in der Vorreiterrolle zu sein und Beispiele zu zeigen, wie es gehen kann. Denn der Umgang mit dem Bestand ist keine Liebhaberei oder kein Gutmenschentum. Die Übernahme von ökologischer und sozialer Verantwortung kann hier realen ökonomischen Erfolg bringen.“
Umbauen ist also nicht teurer als neu bauen?
Timm Sassen: „Es muss immer mit Augenmaß saniert werden. Ein Neubaustandard im Bestand erreichen zu wollen oder eine unpassende neue Nutzung einzusetzen, kann teuer werden. Aber wenn man geschickt auf ein Gebäude eingeht und u. a. ästhetische Differenzen zulässt, wird es deutlich günstiger. Wichtig ist ein klares Zielsystem am Anfang eines Bauprozesses. Das Ziel bezahlbare Mieten lässt sich im Umbau mit minimalinvasiver Sanierung und (energetischer) Optimierung des Bestandes nach dem Motto ‚weniger ist mehr‘ gut erreichen. Entscheidend ist dabei, Handwerker*innen und Finanziers zu finden, die bereit sind, eine behutsame Sanierung und Reparaturen am Bestand zu unterstützen und umzusetzen.“
Urban Mining Potenzial
Das „Urban Mining Potenzial“ eines Gebäudes beschreibt den Umfang und die Menge der Materialien, die ausgebaut, wieder- und weiterverwendet werden können.
Mehr zum Thema „UmBauLabor“ finden Sie in unserem Pageflow. Pageflow ist die multimediale Plattform für das „UmBauLabor“. Es veranschaulicht sowie dokumentiert das Projekt und wird fortlaufend aktualisiert.
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Lillith Kreiß
Projektmanagerin UmBauLabor [seit 30.5.24 vorübergehend nicht im Dienst]
T 0209 402 441-22
Santana Gumowski
Projektmanagerin UmBauLabor
T 0209 402 441-27
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