Energieeffizienz zum Klimaschutz, das scheint Deutschland gut umzusetzen, doch bei der Betrachtung von Ressourcen und einer ernstzunehmenden Umsetzung der Kreislaufwirtschaft geht es noch langsam voran.
In der Mail der Berliner Energietage nach der Veranstaltung wird von einem „Klassentreffen“ gesprochen. „Die Energietage haben auch in diesem Jahr einen branchenübergreifenden Austausch über aktuelle Herausforderungen und vor allem Lösungen für Energiewende und Klimaschutz möglich gemacht“, schreibt uns Jürgen Pöschk vom Team der Energietage im Anschluss. Genauso wie ein Klassentreffen fühlen sich solche Veranstaltungen häufig an.
Ich habe jedoch gemerkt, es war nicht meine Abschlussklasse, die hier zusammenkam. Es war vielleicht die der Nachbarschule und ich kannte einzelne Mitschüler vom Sehen. Auf meiner Schule geht es um Ressourcenschutz, um Kreislaufwirtschaft, um Abriss-Stopp und Umbauen, um Biodiversität und Klima-Resilienz.
Es war trotzdem gut, auf diesem Klassentreffen dabei zu sein. Denn natürlich überschneiden sich die Themen, sobald es um Klimaschutz geht. Sowohl Energieeffizienz als auch Ressourceneffizienz und Biodiversität haben ja letztlich das Ziel, den menschengemachten Klimawandel zu reduzieren und gesellschaftsfähige Lösungen dafür zu finden, wie wir in Zukunft Leben möchten.
Große Bandbreite an Themen
Schon auf der Bühne des VDI zum Thema „Klima- und ressourcenbewusste Trendwende im Bauwesen“ wurde die Bandbreite der Ansätze und Sichtweisen zum Thema sichtbar. Eingeladen worden war ich von Frank Jansen, Mitglied im Begleitgremium unseres Projekts UmBauLabor. Jansen ist Geschäftsführer VDI-Gesellschaft Bauen und Gebäudetechnik bei VDI Verein Deutscher Ingenieure e.V. Der VDI hatte sich bemüht, das Bild Klimawandel und Ressourcen besonders breit und aus verschiedenen Winkeln zu betrachten. Ganz wie es das UmBauLabor von Baukultur NRW anstrebt.
Beim Thema Klimabewusstsein geht es sicherlich darum, zu erkennen, inwieweit sich das Klima ändert und welche Folgen genau zu erwarten sind. Hierzu gab Dipl.-Ing. Sebastian Kupski von der INKEK GmbH - Institut für Klima- und Energiekonzepte der Uni Kassel einen Einblick. Anknüpfend an die hier gewonnene Erkenntnis, dass Starkregen und große Hagelkörner in Zukunft Teil unserer Lebensrealität sein werden, erzählte der Versicherer Dr. Mingyi Wang vom GDV - Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. welche Prämien in Zukunft abgerufen werden könnten, um Klimawandelfolgen wie Starkhagel, Starkregen oder Brände zu versichern. Eine Perspektive, die ich bis dato noch nicht im Blick hatte.
Warum genau sich das Klima ändert, also der Fokus auf Rohstoffen, Emissionen etc., wurde von Dipl.-Ing. Claus Asam vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) in seiner Erläuterung zu den zukünftigen Kriterien nach Ressourcenverbrauch und möglicher Kreislaufführung von Material eingeleitet.
Diskussion um den Einsatz von Beton
Eine Emissionsschleuder und ein Ressourcenfresser ist der Beton. Darum war es gut auch eine Vertretung der Betonindustrie auf dem Podium zu haben. Dr.-Ing. Thomas Richter vom „InformationsZentrum Beton“ sprach vom Beton als dem Material der Gegenwart. Da waren wir uns sicher nicht einig. Dennoch hat er natürlich recht, dass Beton von den meisten Akteur*innen der Bauindustrie als Wundermittel für jedes Problem gesehen und verwendet wird. Die Beton-Branche, so gab es auch der Vortragende zu, ist sich bewusst, dass es für diesen Baustoff nicht in der bisherigen Form weitergehen kann. Er sprach von dünneren Bauteilen, zementfreiem Beton oder CO2-reduziertem Beton. Und er behauptete, dass Beton ein CO2-Speicher sei.
Soweit ich weiß, lässt sich das über nachwachsende Baustoffe durchaus sagen, nicht aber über Beton. Auch dass er in Frage stellte, ob Recycling-Beton eine zukunftsfähige Idee sei und dennoch vorschlug noch mehr mit Beton zu bauen und dafür keine andere Entsorgungsalternative aufzeigte, ließ mich dann aber daran zweifeln, ob wir im gemeinsamen Gespräch auf einen Nenner kommen würden. Vielleicht wäre das Gespräch anders verlaufen, wenn noch ein weiterer Baustoffhersteller, z.B. für Holz, zugegen gewesen wäre.
Lebensräume trotz wandelendem Klima erhalten
Mit dieser steilen Kurve an Erzählungen und Perspektiven hatte ich für das UmBauLabor die Möglichkeit, zu hinterfragen, ob überhaupt noch so viel neu gebaut werden sollte und wie wir Bestehendes trotz sich wandelndem Klima und wandelnden Ansprüchen an unsere Lebensräume erhalten können. Zudem war mir trotz aller Kritik wichtig zu erwähnen, dass all die Branchen, Perspektiven und Ideen nur zu einer Veränderung der Baubranche beitragen würden, wenn sie miteinander sprechen und die Auswirkungen der eigenen Wünsche und Ziele abgleichen.
Auch am Rest des Tages bekam ich Einblicke in die Welt des Energiesparens. Spannend fand ich die Präsentation des Agora Think Tanks aus Berlin und besonders die Reaktionen auf das Projekt „Sanierungssprint“. Sie hatten sich die Frage vorgenommen, welche Faktoren sich ändern müssten, damit Sanierungen für private Bauherrschaften interessanter werden. Ihr Konzept: Eine Kombination aus einem Zusammenschluss von Handwerker*innen und optimierter Planung wurde an zwei Objekten getestet und verspricht eine Sanierung in 22 Tagen sowie niedrigere Kosten für die Bauherrschaften. Begleitet wurde die Agora vom Institut für Baubetriebslehre der Uni Stuttgart und dem Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (IFEU).
Nach ihren Präsentationen kamen Vertreter*innen auf die Bühne, die direkt mit Bauherrschaften von Ein- und Zweifamilienhäusern in Kontakt sind. Dazu zählten die Bank ING DiBa, Co2online, die über nachhaltiges Sanieren informieren sowie Haus & Grund Deutschland und das Bundesbauministerium (BMWSB). Sie alle lobten das Projekt und schienen sich von dieser schnellen, günstigeren Lösung viel zu versprechen. Unter anderem deshalb, weil der Ansatz den Bauherrschaften Entscheidungen und Aufwand abnehmen könnte.
Kreisläufe in den Blick nehmen
Dass Energieeffizienz ein wichtiges Thema ist, daran besteht kein Zweifel. Dennoch bin ich sehr froh, dass sich nach Jahrzehnten des Blicks auf die Energie- und Wärmewende auch das Thema Material, Emissionen und Kreisläufe in den Köpfen festsetzt. Denn ohne daran zu denken, aus was denn die Wärmepumpen, Solaranlagen, Windkraftanlagen und Dämmungen produziert werden, wo sie herkommen und besonders was mit ihnen passiert, wenn sie ausgedient haben, laufen wir in dieselbe Falle, der wir schon so oft auf den Leim gegangen sind. Nämlich der Annahme, dass sich eine folgende Generation schon darum kümmern wird.
Die Energietage
Die Energietage in Berlin sind seit 2000 die Leitveranstaltung der Energiewende in Deutschland. Unter dem Dach des Großkongresses finden jährlich rund 100 Veranstaltungen, Tagungen und Workshops statt, die durch unterschiedliche Institutionen aus den Sektoren Energie, Bauen, Wohnen, Klimaschutz und Umwelt mitgestaltet werden.
Weitere Informationen
Die Studienergebnissen des Agora Think Tanks gibt es hier.