In der Praxis gibt es bereits Beispiele für kreislaufgerecht geplante und ausgeführte Gebäude. Ein entsprechendes Gebäude aus NRW ist der Neubau des Kreisarchivs in Viersen. Dort wurden die Prinzipien des zirkulären Wirtschaftens in Verbindung mit dem Einsatz von BIM umgesetzt, um nach Ende des Gebäudelebenszyklus die verbauten Ressourcen wieder für andere hochwertige Verwendungen zur Verfügung zu stellen.
Der Kreis Viersen baut seine öffentlichen Gebäude nach den Prinzipien der zirkulären Wertschöpfung und wird bis 2026 zwei weitere, diesen Kriterien entsprechende Gebäude errichten.
Wir fragen Jörg Papenkort, Abteilungsleiter Gebäudemanagement im Kreis Viersen, was die Forderung nach kreislaufgerechten Gebäuden für einen öffentlichen Auftraggeber in der Praxis mit sich bringt.
Was bedeutet es, dass Bauteile oder ganze Gebäude kreislauffähig sind?
Bernd Volkenannt, verantwortlicher Planer des Kreisarchivs und Inhaber von DGM Architekten, Krefeld berichtet zudem aus der Praxis der Planung von kreislaufgerechten Gebäuden.
Was sind wesentliche Aspekte bei der Planung kreislaufgerechter Gebäude?
Bernd Volkenannt: Ein Gebäude ist dann kreislauffähig, wenn es den Erfordernissen auch in weiterer Zukunft standhält. Dazu ist es wichtig, dass z. B. Grundrisse flexibel veränderbar sind, keine giftigen Werkstoffe verwendet werden und Dinge repariert werden können. Ein wesentlicher Teil dieser Resilienz ist die Qualität der Architektur. Nur Gebäude mit hohem gestalterischen Wert werden dauerhaft erhalten und als identitätsstiftend empfunden.
Wie lässt sich Kreislauffähigkeit erreichen?
Bernd Volkenannt: Der beste Umgang mit unseren knappen Ressourcen besteht im Verbleib der einmal gebundenen grauen Energie im bereits Gebauten. Beim Blick auf die derzeitigen Entwicklungen in den Innenstädten zeigt sich, dass dringend Strategien gebraucht werden, große stadtbildprägende Bestandsgebäude umzubauen. Sehgewohnheiten und das Verständnis von Schönheit sind dem Zeitgeist unterworfen und ändern sich ständig. Darum sollte man sich von Nachkriegsgebäuden bis in die 1980er Jahre hinein nicht einfach trennen. Für den Erhalt spricht immer, dass auch ein optimal kreislaufwirtschaftlich, nachhaltig und gesund geplanter Neubau in der Herstellung CO2 emittiert und Ressourcen verbraucht.
Neben beschriebenen Voraussetzungen auf der Gebäudeebene sind rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen ebenfalls essenziell. Eine eigene Alt-Bauordnung mit abgewogenen Regeln zum Wärme-, Schall- und Brandschutz sowie bei Barrierefreiheit und Stellplatzbedarf würde eine längere Nutzung erleichtern. Bei jedem Bauvorhaben mit vorhandenem Gebäudebestand sollte immer zunächst geprüft werden, ob dieser erhalten bleiben kann. Da der Aufwand, einem alten Gebäude neues Leben einzuhauchen, auch finanziell hoch ist, wäre die Gewährung von besonderen Fördermitteln sinnvoll.
Wie funktioniert heute die Wiederverwendung von Bauteilen?
Bernd Volkenannt: Die Wiederverwendung von ganzen Bauteilen wie Türen, Fenstern oder konstruktiven Elementen ist heute schwierig. Zertifizierungen, Zulassungen und Gewährleistungsthemen behindern dies. Dazu kommen organisatorische Schwierigkeiten im Ablauf zwischen Ausbau, Lagerung und Wiedereinbau. Die Planung erfordert meist recht früh die Festlegung auf bestimmte Elemente und Abmessungen. Die Ausschreibung erfolgt aber erst wesentlich später im Projektablauf. Baugenehmigungs- und Werkplanungsphasen dauern Monate. Wenn das im Entwurf ausgesuchte Element dann nicht mehr zur Verfügung steht, ist sein Einsatz eben unmöglich. Ziel muss es sein, funktionstüchtige Elemente einfacher wiederzuverwenden. Aus diesem Grunde ist es wichtig, die Hersteller für die zirkulären Prinzipien zu gewinnen. Sie sollten ihre Produkte nach der ersten Nutzungsphase zurücknehmen, neu zertifizieren (refurbish) und wieder anbieten (reuse), bzw. die Materialien für neue Produkte einsetzen (recycling).
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