02.08.2024
Zwischen Gebäudeabriss und Kunsterhalt
Das Düsseldorfer Audimax der Maschinenbauschule mit einer Fassade von Günter Fruhtrunk soll abgerissen werden. Unsere Autorin Elisa Horling hat den Vorgang auf kunstundbau.nrw zusammengefasst.
Vor mehr als 70 Jahren entschied sich das Land Nordrhein-Westfalen, im Rahmen seiner Bauvorhaben Aufträge an bildende Künstlerinnen und Künstler zu vergeben: eine Selbstverpflichtung, die sich auch der Bund und andere Länder auferlegten und die von weiteren öffentlichen und privaten Bauherrn übernommen wurde.
Diese lange Tradition von „Kunst und Bau“ resultierte in Hunderten von Kunstwerken – nicht nur „am“, sondern auch im, auf, vor und neben dem Bau. Auf der Grünfläche vor dem Kanzleramt oder dem Dach des Einkaufscenters ebenso wie in der Unimensa oder im Plenarsaal, als Bronzeskulptur, Wandmalerei oder Lichtinstallation: die Erscheinungsformen von Kunst und Bau sind vielfältig.
Aus diesem breiten Spektrum eine repräsentative Auswahl zu treffen, ist kaum möglich. Und es war auch nicht das Ziel der Ausstellung „Kunst und Bau. Perspektiven aus NRW“. Vielmehr soll sie als Einstieg in ein Thema dienen, das trotz seiner langen Geschichte in den vergangenen Jahren in der (Fach-)Öffentlichkeit kaum eine Rolle spielte, aktuell aber wieder mehr Aufmerksamkeit erregt. Gründe dafür sind unter anderem die Anfang 2022 in Kraft getretene neue „Richtlinie für Kunst und Bau bei herausgehobenen Baumaßnahmen des Landes Nordrhein-Westfalen“, aber auch der Umstand, dass durch die Sanierung und den Abriss von Gebäuden, vor allem aus der Nachkriegszeit, der Erhalt vieler Kunstwerke infrage steht.
Sechs Module mit 30 Objekten zu Enstehung und Rezeption
Die Ausstellung will Impulse für den Umgang mit bestehenden Kunst-und-Bau-Projekten und die Entwicklung zukünftiger Prozesse geben und zum Diskurs anregen. Sie stellt Fragen und lässt bewusst Raum für Antworten. Die sechs Module der Ausstellung greifen dabei unterschiedliche Aspekte der Entstehung und Rezeption von Kunst und Bau auf, die an insgesamt 30 Objekten veranschaulicht werden.
Dabei geht es nicht nur um das Kunstwerk allein, sondern auch um den architektonischen oder städtebaulichen Kontext und um die Menschen, die das Objekt schaffen, betrachten oder „benutzen“. Das Kapitel „Markenzeichen“ zeigt, wie es gelingen kann, mit Kunst einzigartige Orte zu kreieren, die durch ihre mediale Präsenz einen festen Platz im öffentlichen Bewusstsein erlangen, wie bei Ferdinand Kriwets „Landeswappen“ für den Landtag in Düsseldorf.
Unter den Überschriften „Identifikation“ und „Aneignung“ geht es darum, wie die Nutzerinnen und Nutzer von Gebäuden und öffentlichen Räumen in die Entstehung von Kunst miteinbezogen werden können und wie sie mit ihrer gestalteten Umwelt interagieren, etwa wenn Kinder beim Entwurf eines Zauns für ihre Schule mitwirken, aber auch wenn Parkour-Läufer eine skulpturale Platzgestaltung zum Trainingsgelände machen.
Kunst-und-Bau-Objekte können erinnern, mahnen, überraschen, mitunter auch provozieren, wie das Modul „Irritation“ zeigt, in dem Werke von Babak Saed, Nicole Schuck und anderen dazu aufrufen, das eigene Denken und Handeln zu hinterfragen und sich mit sozialen oder politischen Themen auseinanderzusetzen.
Das Kapitel „Orientierung“ stellt Lichtkunstwerke an der Uniklinik Köln und das Farbleitsystem an der Ruhr-Universität Bochum vor. Kunst übernimmt hier „dienende“ Funktionen, während die Grenze zum Design verschwimmt.
Im Ausstellungsmodul „Bau und Kunst“ sind Projekte zu sehen, bei denen Kunst und Architektur zu einer kaum trennbaren Einheit verschmelzen, beispielsweise Otto Pienes „Licht und Bewegung“ am ehemaligen Wormland-Kaufhaus in Köln oder die von der Architektin Ute Piroeth und dem Künstler Wolfgang Rüppel gemeinsam entwickelte Fassade eines Hochwasser-Pumpwerks.
Die Gestaltung der Ausstellung übernahmen der Architekt Martin Sinken und die Grafikdesigner Jule und Matthias Steffen (kikkerbillen), die den Bezug der Kunst zum Raum aufgreifen, indem sie Fotos und Texte in dreidimensionale Elemente überführten. Als Wanderausstellung konzipiert werden die bunten Würfel noch in weiteren Orten in Nordrhein-Westfalen zu sehen sein.
Die Ausstellung lädt aber auch dazu ein, sich Kunst-und-Bau-Werke im Original anzuschauen. Und die neue WebApp kunstundbau.nrw hilft dabei, sie zu finden, und bietet weiterführende Informationen zu Kunst- und Bau-Werken sowie Künstlerinnen und Künstlern.
Die Ausstellung „Kunst und Bau. Perspektiven aus NRW“ ist von 30.9. bis 26.10.2022 im Saalbau Witten zu sehen.