Wenn wir von Ressourcen sprechen, denken wir meist an Rohstoffe oder Energie. In der Bauwelt zählen jedoch auch bestehende Räume, Gebäude und das Wissen um ihre Nutzung zu wertvollen Ressourcen. Im baukulturellen Kontext erweitert sich der Begriff um die Verantwortung: Wie wir mit dem Bestehenden umgehen, prägt unsere Umwelt und beeinflusst unser tägliches Leben.
Die nachhaltige Nutzung von Ressourcen ist entscheidend, um zukunftsfähige Lebensräume zu gestalten. Dabei geht es nicht nur darum, Chancen zu erkennen, sondern Herausforderungen aktiv anzugehen. Wie lassen sich bestehende Ressourcen sinnvoll einsetzen und nachhaltige Kreisläufe schaffen? Diese Frage stand im Mittelpunkt der diesjährigen Summer School im UmBauLabor in Gelsenkirchen.
Was verstehen wir unter Ressourcen?
Die Summer School 2025 fokussierte Raumressourcen, Stadtressourcen sowie Materialströme und -kreisläufe:
- Raumressourcen umfassen die Potenziale bestehender Gebäude und Strukturen, die Lebensqualität fördern und einen nachhaltigen Umgang mit Räumen ermöglichen. Dazu gehört auch der bewusste Blick auf verbaute Materialien und ihre Zusammensetzung: Welche Baustoffe wurden verwendet, und wie lassen sie sich wiederverwenden?
- Stadtressourcen beziehen sich auf Infrastrukturen und soziale Netzwerke – und damit auf die Frage, wie Räume für Gemeinschaft und Teilhabe gesichert werden können.
Ziel war es, diese Ressourcen neu zu bewerten, Wiederverwendung zu fördern und Kreisläufe zu schließen – auch über materielle Aspekte hinaus, indem menschliche Bedürfnisse und soziale Dimensionen einbezogen wurden.
Summer School 2025: Ein interdisziplinäres Experimentierfeld

Das Programm umfasste sowohl theoretische Impulse als auch praktisches Arbeiten vor Ort. Referent*innen wie Prof. Dipl.-Ing. Achim Pfeiffer von der Hochschule Bochum, Dr.-Ing. Franziska Struck vom IWARU-Institut der FH Münster und Prof. Dr.-Ing. Renée Tribble von der TU Dortmund beleuchteten Raumgestaltung, Materialkreisläufe und städtebauliche Herausforderungen. Harald Kurkowski von bimolab ggmbh leitete einen Workshop zum Recycling mineralischer Baustoffe. Dabei wurde Abrissmaterial aus einer Wand im UmBauLabor zerkleinert und für die Wiederverwendung aufbereitet.
Lernen im Stadtteil: Bestand als Ressource
Ein Teil der Grupp erkundete gemeinsam mit dem Stadtteilbüro Bochumer Straße und Mitarbeitenden der Stadtverwaltung das Quartier rund um die Bochumer Straße, sprach mit Bewohner*innen über Leerstände, Umnutzungen und Zukunftsperspektiven. Andere Teilnehmende besuchten gemeinsam mit der Stadterneuerungsgesellschaft (SEG) und dem Kollektiv Baukreisel ein Abrissgebäude im „Ahlmannshof“ in Gelsenkirchen-Bismarck. Beim Ausbau von Fliesen, Türen und Bauteilen erfuhren sie, wie aufwendig, aber auch lohnend ein bewusster Rückbau ist.
Transformative Ergebnisse: Räume neugestalten
Die Teilnehmer*innen setzten ihre Erkenntnisse in vielfältigen Projekten um, die eindrucksvoll das Potenzial der Materialwiederverwendung demonstrierten – und zeigten, wie kleine Eingriffe Räume neu zugänglich und erlebbar machen:
- Eine Gruppe gestaltete die Fassade im Erdgeschoss neu und schuf einen einladenden Eingangsbereich. Unterschiedliche Sitzgelegenheiten aus geretteten Bauteilen des Ahlmannshofs – etwa Türen, Treppenstufen und Geländer – laden die Nachbarschaft ein, das Gebäude auch von außen zu nutzen.
- Eine weitere Gruppe experimentierte mit mineralischen Baustoffen und Fliesen, machten CO₂-Emissionen sichtbar und schuf ein amorphes Mosaik am Schaudepot.
- Im ersten Obergeschoss verbesserten Teilnehmende Lichtverhältnisse und Sichtachsen, indem sie Wandteile entfernten und Spiegel sowie Glaskristallen installierten.
Gesellschaftlichen Wandel vorantreiben: Fragen für die Zukunft
Neben der Praxis rückten auch gesellschaftliche Dimensionen der Bauwende in den Fokus: Prof. Dr. Marcel Hunecke (FH Dortmund) und Prof. Dr.-Ing. Yasemin Utku (TH Köln) beleuchteten psychologische und soziale Voraussetzungen für Veränderung. Hunecke betonte die Bedeutung innerer Motivation und sozialer Verantwortung, Utku hob den Wert von Empowerment und Beteiligung in der Stadtgestaltung hervor. Beide zeigten: Wandel beginnt mit Bewusstsein – und gelingt nur gemeinsam.
Zukunftsorientierte Perspektiven: Gemeinsam gestalten und kommunizieren
Die Summer School machte deutlich: Die Gestaltung von Lebensräumen erfordert einen aktiven, interdisziplinären Dialog. Neue Prozesse müssen erprobt, Routinen hinterfragt und Kommunikationsstrategien geöffnet werden, um Menschen aus Wirtschaft, Politik, Planung und Öffentlichkeit einzubeziehen.
Nachhaltige Baukultur entsteht nicht allein aus Wissen, sondern aus Praxis, Experiment und dem gemeinsamen Erleben von Räumen. In vielen Bereichen stehen wir dabei noch am Anfang. Die praktische Arbeit zeigte, was es bedeutet, Materialien schonend auszubauen, wiederzuverwenden und ihre Potenziale neu zu bewerten. So entstanden konkrete Erfahrungen, aus denen sich neue Formen des Planens und Bauens ableiten lassen.
Das Format verbindet Disziplinen, Generationen und Perspektiven – von Studierenden über Handwerker*innen bis zu Fachleuten aus Architektur, Stadtplanung, Design und Forschung – und macht die Komplexität von Baukultur unmittelbar erfahrbar.
Das UmBauLabor bleibt offen für Experimente vor Ort. Es bietet Raum, um gemeinsam neue Ansätze zu erproben und eine nachhaltige Baukultur weiterzuentwickeln, die ökologische und soziale Aspekte gleichermaßen berücksichtigt.
Wie lässt sich mit vorhandenen Ressourcen neu und nachhaltig bauen? Der Film zur Summer School 2025 im UmBauLabor zeigt, wie die Teilnehmenden diesen Fragen praktisch nachgegangen sind – interdisziplinär, praxisnah und zukunftsorientiert. Der Film ist in unserer Mediathek zu sehen.








