10.10.2024
Schwammwald-Initiative in Arnsberg
Trockenheit und Borkenkäfer machen den Wäldern in Nordrhein-Westfalen zu schaffen. Die Schwammwald-Initiative in Arnsberg hat sich zum Ziel gesetzt, die Wälder resilienter zu gestalten.
Von Saerbeck im nördlichen Münsterland können noch viele Gemeinden in Deutschland lernen. Die Gemeinde hat bereits früh erkannt, dass der Klimawandel die zentrale Herausforderung des 21. Jahrhunderts ist. Mit höchstem Engagement im Klimaschutz trägt sie seit 2009 den Titel „NRW-Klimakommune“. Nach Angaben der Kommune konnte der CO₂-Ausstoß innerhalb von zehn Jahren von 9,8 Tonnen pro Person auf 5,5 Tonnen pro Person gesenkt werden.
Bis heute hat Saerbeck bereits über 120 unterschiedliche Projekte und Maßnahmen umgesetzt und dabei seine Bürger*innen aktiv eingebunden. So konnte ein ausgeprägtes Bewusstsein für Klimawandel, Klimaanpassung und erneuerbare Energien geschaffen werden.
Das Herzstück der Klimakommune ist der Saerbecker Bioenergiepark. Nach der Aufgabe eines rund 90 Hektar großen Bundeswehrgeländes nördlich des Ortes im Jahr 2011 bemühte sich die Gemeinde darum, dieses Areal zu erwerben. Zwischen 2011 und 2013 wurde das Gelände in Eigenregie umgebaut. Und seitdem hat sich viel getan: Die Dächer der ehemaligen Munitionsdepots sind fast nicht wiederzuerkennen, da sie mittlerweile nahezu vollständig mit Photovoltaikanlagen bedeckt sind. Um die Depots herum stehen zwei Biogasanlagen und sieben Windenergieanlagen, die weit über den Ortskern hinaus sichtbar sind. Allein durch die Erträge des Bioenergieparks werden bereits 18.000 Haushalte mit Strom versorgt.
Auch in der Bevölkerung wuchs das Interesse, den Klimaschutz und die Energieunabhängigkeit aktiv voranzutreiben. Saerbeck legte dabei großen Wert darauf, die Bürger*innen als Investor*innen einzubinden – unabhängig davon, wie viel Geld sie besitzen. Bereits 2009 wurde unter dem Leitbild „global denken, lokal handeln“ die Genossenschaft „Energie für Saerbeck“ gegründet. Mehr als 450 Bürger*innen beteiligen sich finanziell an der regenerativen Energiegewinnung und betreiben gemeinsam den Solarpark sowie eines der Windräder. Auch die weiteren Windkraftanlagen wurden durch Investor*innen gebaut, die allesamt aus Saerbeck kommen. Die Biogasanlage wird von 17 Saerbecker Landwirt*innen und einem lokalen Unternehmen betrieben.
Von den insgesamt 70 Millionen Euro Investitionskosten stammen 50 Millionen Euro von Saerbecker*innen selbst. Davon profitieren alle doppelt: Einerseits leben sie in einem Dorf, das sich aktiv für den Klimaschutz einsetzt und die Energiesicherheit der Zukunft fördert. Andererseits können sie mit erneuerbaren Energien selbst Gewinne erzielen.
Durch niedrigschwellige Projekte und über die beliebten „Energiegespräche“ gestalten die Bürgerinnen und Bürger die Vorhaben der Klimakommune aktiv mit. Auch die Gemeindeverwaltung lebt den Klimaschutz vor: Sie arbeitet komplett klimaneutral, und durch Projekte wie den „Energie-Erlebnis-Pfad“ oder die „gläserne Heizzentrale“, die das Schulzentrum mit regenerativer Wärme versorgt, wird die Energiewende für die Bevölkerung sichtbar.
Ein weiteres Beispiel ist das Projekt „Saerbecker Sonnenseite“. Hier wurde das Potenzial für Solaranlagen auf geeigneten Dachflächen analysiert. Das Ergebnis: Innerhalb von drei bis vier Jahren hat sich die Anzahl der Solaranlagen in Saerbeck verdreifacht.
Auf dem Gelände des Bioenergieparks gibt es zudem einen außerschulischen Lernstandort. Hier können Interessierte aller Altersklassen Wissen über erneuerbare Energien, Klimaschutz, Abfall und Recycling erfahren. Die Botschaft: Die Umsetzung der Energiewende ist tatsächlich möglich. Die Besucher*innen kommen von weit her, darunter auch eine Schulklasse der Deutschen Schule in Rio de Janeiro. Diese schauen sich zum Beispiel auch den nördlichen Teil des Geländes an, der für den Natur- und Artenschutz besonders wertvoll ist und als Naturschutzgebiet ausgewiesen wurde. In Zusammenarbeit mit einem Waldpädagogen wurden hier Bäume gepflanzt und die militärische Infrastruktur zurückgebaut. Damit zeigt sich: Klima-, Natur- und Artenschutz können Hand in Hand gehen – und das auf einer Konversionsfläche.
Zudem gibt es im Energiepark auch eine Forschungsaußenstelle der FH Münster, die zu nachhaltiger Energie und neuen Speichertechnologien im Bereich Bioenergie forscht.
Für die Gemeinde Saerbeck lohnt sich der Fokus auf die neuen Energieformen nicht nur ökologisch, sondern auch finanziell. Nachdem anfänglich in den Kauf des Munitionsdepots investiert werden musste, erzielt die Gemeinde mittlerweile etwa sechs bis acht Prozent ihres jährlichen Haushaltsvolumens durch Einnahmen aus dem Bioenergiepark.
Diese stammen aus der Ansiedlung neuer Unternehmen, etwa im Bereich Wasserstofftechnologie. Hinzu kommen Einkünfte aus dem Stromverkauf sowie der Vermietung und Verpachtung. Mit diesen Einnahmen kann die Gemeinde in die kommunale Daseinsvorsorge investieren.
Saerbeck möchte weiter mit gutem Vorbild vorangehen: Bis 2030 möchte die Gemeinde alle drei Bereiche – Strom, Wärmeversorgung und Mobilität – komplett aus erneuerbaren Energien speisen. Dazu werden Windkraft, Photovoltaik und Biogas weiter ausgebaut und es sind weitere Wasserstoffprojekte in Planung.