24.09.2018
Experiment Ebertplatz
Kaum ein anderer Platz in Nordrhein-Westfalen sorgte in den vergangenen Monaten derart für Aufsehen wie der Ebertplatz in Köln.
Wegen seiner herausragenden städtebaulichen Bedeutung steht das Siedlungsensemble seit 2000 größtenteils unter Denkmalschutz. Dennoch wurde ein erheblicher Teil nach dem Verkauf an einen Investor bereits abgerissen und neu bebaut; Kindergarten und Club der Siedlung stehen seit Jahren leer und drohen zu verfallen. Die Bürgervereinigung "Rettet die Amerikanische Siedlung Plittersdorf e. V." mahnt zu Erhalt und Sanierung der Gebäude.
In Anlehnung an die Idee der Gartenstadt und nach dem Vorbild amerikanischer Bungalows realisierten die Architekten Sep Ruf, Heinrich Matern und Hermann Raderschall im Jahr 1951 in Bonn-Plittersdorf eine Siedlung für 450 amerikanische Diplomaten-Familien. Dabei wurde das Bedürfnis nach Natur, Erholung und Ruhe mit dem Angebot sozialer Aktivitäten in vorbildlicher Weise verbunden. Es gab einen Club, ein Kino, eine Kirche, ein Einkaufszentrum, ein Schwimmbad, eine Bowlingbahn, ein Heizwerk, eine Tankstelle, eine Schule und einen Kindergarten. Ein gartenbauliches Schmuckstück ist die großzügige Parkanlage, in die die Gebäude eingebettet sind. Der unmittelbar am Rhein gelegene „American Embassy Club“ war ein bedeutender Treffpunkt von Politik und Gesellschaft in Bonn. Zahlreiche US-Präsidenten und deutsche Bundeskanzler waren hier zu Besuch und schrieben politische Geschichte.
Heute sind nur noch die Wohnhäuser, die Kirche, das Clubgebäude und das Kindergartengebäude, sowie die großzügigen Straßen und Grünanlagen, erhalten. Mittlerweile ist die Siedlung im Besitz der Wohnungsbaugesellschaft Vebowag, die schon seit langem versucht, die Siedlung mit bis zu 7-stöckigen Wohnhäusern nachzuverdichten. Daraufhin formierte sich 2014 Widerstand unter den Bewohnern und die "Rettet die Amerikanische Siedlung Plittersdorf e. V." wurde gegründet. Ein aktuelles Anliegen ist der ehemalige Kindergarten. Er steht seit Juni 2015 leer und die Wohnungsbaugesellschaft plant, trotz Denkmalschutz, das Gebäude abzureißen und einen Neubau zu errichten. Der ehemalige Club steht sogar seit bereits 20 Jahren leer und gehört mittlerweile zum Gelände der angrenzenden Bonn-International-School. Die Schulleitung möchte das Gebäude gerne als Café wiederbeleben, aber die Gelder und die Bereitschaft seitens der Politik dafür fehlen.
Der einst kulturell höchst aufgeladene Ort hat seine Identität längst verloren und durch den weiteren Verfall und drohenden Abriss befürchten die Bewohner weitere gravierende Veränderungen der Siedlung. Denn wenn der Denkmalschutz für Siedlungsbauten der Nachkriegsmoderne weiterhin nicht ernst genommen wird, bleibt auch der weitere Abbau der Amerikanischen Siedlung nur eine Frage der Zeit. Fragwürdig gerade auch im Hinblick darauf, dass die Deutsche Stiftung Denkmalschutz ihren Sitz ausgerechnet in einem behutsam sanierten Bonner Verwaltungsgebäude von Sep Ruf aus den 1950er Jahren hat.
Ein aktueller Beitrag der WDR Lokalzeit aus Bonn gibt es unter: www.ardmediathek.de.
Ausführliche Informationen zur Siedlung und aktuelle Neuigkeiten gibt es auf Website der Bürgerinitiative: rasp-buergerinitiative.de.