Eine der Werbeanzeigen mit dem Motiv des World Trade Centers aus der Ausstellung „World Trade Center.Gallery – Werbeanzeigen aus drei Jahrzehnten“; zu sehen bis 18. Februar 2024 Im Zeitungsmuseum in Aachen.
Eine der Werbeanzeigen mit dem Motiv des World Trade Centers aus der Ausstellung „World Trade Center.Gallery – Werbeanzeigen aus drei Jahrzehnten“; zu sehen bis 18. Februar 2024 Im Zeitungsmuseum in Aachen. Abbildung: Peter Lauscher & Custom Organisation (C/O)

9/11 – Ein persönlicher Blick

Anlässlich der Ausstellung „World Trade Center.Gallery – Werbeanzeigen aus drei Jahrzehnten“ erinnert sich Nobert Hanenberg, Kurator der Ausstellung, an die Türme und den 11. September 2001.

Die Errichtung eines Turmes ist immer mehr als nur Bauen. Von Anbeginn an habe ich in meiner Erinnerung das Turmartige, so Aufstrebende, als fragile Figur erlebt und gesehen. Ohne es benennen zu können, waren alle Erlebnisse und Eindrücke immer von Begrenzung, Einsturz und Vergeblichkeit begleitet. Wenn ich selbst und mit meinen Kindern baute, ging es immer sofort in die Höhe und fiel: Der nächste Klotz hatte immer etwas aufregend Gefährliches und der Einsturz war entladend und machte nervös.

Von Babel nach Manhattan

Pieter Bruegels „Der Turmbau zu Babel“ hat für mich heute noch den Geschmack von Kindheit, Wagnis und Scheitern. Es war für mich ein Blick in eine angstmachende Vergangenheit und in eine nicht zu fassende Dimension einer schließlich moralischen Verfehlung und Erhöhung.
Eine andere Erinnerung: verbotenerweise heimlich „Einsatz in Manhattan“ schauend – die Türme im Trailer, die es dort nicht gibt, für mich aber in der Erinnerung immer seltsam präsent und stellvertretend für die große Welt, das Städtische.

Seiltanz und Einsturz

Unvergesslich und poetisch und waghalsig: der Seiltanz des Hochseilartisten Philippe Petit in 400 Meter Höhe; schließlich auf dem Seil liegend, alle Augen der an alles gewöhnten New Yorker auf sich ziehend.

Dann das Fallen, wie soll man es anders nennen, man war dabei, nicht nur an diesem Tag, auch in den folgenden Wochen. Man wurde zum Fachmann dieser Zerstörung und Anschläge, die Bilder waren und sind überwältigend, die Geschichten sind noch nicht alle erzählt. Alles sollte sich ändern.

Heute zeugen die Bilder und Werbungen der Türme des World Trade Center von einer scheinbar besseren Zeit, von Ordnung und Übersicht, von Führung und Dominanz; von einer Jugend mit weniger Fragen und eindeutigeren Antworten. Aber ich erinnere mich mehr an das Gefühl als an einzelne Ereignisse, die sich beschreiben ließen. Erst seit den Bildern des 11. September 2001 kommen Ereignisse, die auch in meinem tatsächlichen Leben sind, dazu. Erst durch alles Werdende und Kommende danach wurden die Themen davor [wieder] zu Erinnerungen. Und das Fragile ist nun auch für uns alle merklich in der Welt (und war es natürlich auch immer davor).

Nachdenken und begreifen

Das Denken über den 11. September – auch hinsichtlich einer Ausstellung über das Ikonenhafte und das Werbende davor – führte zwangsläufig dazu, diese „kulturelle Zäsur“ als Bruch und Ausgangspunkt zu begreifen. Es ging aber auch darum, darzustellen und erfahrbar zu machen, Aspekte der Darstellung zu finden, die sich erkennbar ganz unmittelbar auf das Ereignis selbst beziehen und mit dem Bezug auf das Anerkannte die Komplexität dieser Zäsur zeigen. Die Fragen der Ästhetik einer musealen Präsentation einer auf Verführung ausgelegten Werbung werden dem Betrachter ohne Kommentar überlassen, der Grad der Erschütterung bleibt individuell. 9/11 bleibt auch in der heutigen Welt eine Synonym für Komplexität und Zäsur.
 

Prof. Norbert Hanenberg ist Kurator der Ausstellung „World Trade Center.Gallery – Werbeanzeigen aus drei Jahrzehnten“

Die Ausstellung ist bis zum 18. Februar 2024 im Internationalen Zeitungsmuseum in Aachen zu sehen.

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