Das Haus der Sparkasse – Ein markanter Punkt in Wuppertal

Anlässlich der kommenden Ausstellung zu Paul Schneider von Esleben in Wuppertal - ab 21. Januar 2016 - beschäftigt sich Ursula Kleefisch-Jobst im Blog des M:AI mit der ungewöhnlichen Konstruktion der Sparkasse in Wuppertal.

Anfang der 1960er Jahre plante und realisierte das Büro Schneider-Esleben fast zeitgleich drei Hochhäuser: in Düsseldorf entstanden zunächst das ARAG-Stufenhochhaus (1963-67) und das Commerzbank-Hochhaus (1961-63). Im Jahr 1962 gewann das Büro den offenen Wettbewerb für den Verwaltungsneubau der Wuppertaler Sparkasse. Mit dem Bau des Mannesmannhochhauses am Düsseldorfer Rheinufer in den 1950er Jahren hatte sich PSE einen Namen im Hochhausbau gemacht.

Die Hängekonstruktion oder der Bau von oben nach unten

Unter dem Einfluss des Spätwerks von Le Corbusier und den neuen stilistischen Tendenzen des Brutalismus wandelte sich auch die Architektursprache seiner Hochhäuser. Sie wurden plastischer, sowohl was die Modellierung der Baumassen anbelangte als auch die Ausformulierung der Fassaden mit vorfabrizierten Betonelementen.

Eine Landmarke in Wuppertal. Foto: Archiv Sparkasse Wuppertal.
Eine Landmarke in Wuppertal. Foto: Archiv Sparkasse Wuppertal.

Hinzu kam die Experimentierfreude des Architekten, die bei der Wuppertaler Sparkasse eine ungewöhnliche Baukonstruktion – eine Hängekonstruktion - zur Folge hatte und  zum Bau des Hochhauses von oben nach unten führte. Der neue Komplex der Sparkasse wurde zwischen dem südlichen Ufer der Wupper und der höher gelegenen Trasse der Bundesstraße B7 errichtet. Der 75 Meter hohe Turm ist bis heute eine Landmarke in der Stadtsilhouette.

Zwischen der Wettbewerbsentscheidung und den definitiven Planungen und der Ausführung lagen vier Jahre, die zu einigen Veränderungen am ursprünglichen Entwurf führten. Geblieben ist die Dreiteilung des Komplexes in den leicht von der Straßenflucht zurück versetzten Verwaltungsturm, den dreigeschossigen, quadratischen Flachbau und die in drei Abschnitten gestaffelte Parkgarage mit ihren exponierten Spindeltreppen. Gestalterisch werden die drei Komplexe zusammengebunden durch breite Brüstungsbänder. Neu war die Forderung der Bauherrn, möglichst stützenfreie Räume zu bekommen. So entschied sich PSE sowohl im Hochhausturm als auch beim Flachbau auf eine Hängekonstruktion.

 

„Ich wollte nicht noch eine Cellophan-Kiste bauen.“

Paul Schneider von Esleben im Interview mit Architekturhistoriker Heinrich Klotz.

Die Sparkasse Wuppertal mit Spindel und Turm. Foto: Archiv Sparkasse Wuppertal.
Die Sparkasse Wuppertal mit Spindel und Turm. Foto: Archiv Sparkasse Wuppertal.
Auffallend an dem Turm ist die deutlich von den unteren Geschossen abgesetzte 19. Etage, heute Vorstandsetage. Sie ruht auf einer pyramidalen Kragkonstruktion: Mit Hilfe von schrägen Stützbalken und umlaufenden Ringbalken in den Brüstungsbändern werden die Druck- und Zugkräfte in den Stahlbetonkern der unteren Hochhausgeschosse geleitet. An den Ringbalken der 19. Etage sind an den vier Fassaden je zwei Säulen abgehängt, an denen die weiteren 12 Bürogeschosse hängen. Diese Hängesäulen sind sichtbar an den Außenfassaden gestaltet und verjüngen sich - aufgrund der Lastabnahme - nach unten nach jedem vierten Geschoß.

Der tragende Betonschaft ist in den drei Untergeschossen des Turms sichtbar belassen, um die Hängekonstruktion deutlich zu machen. Beim Bau wurde der Betonkern zunächst ausgeführt, anschließend wurde die Montage der Hängesäulen und der Geschoßdecken von einem Hängegerüst aus von oben nach unten durchgeführt.

Kräftige Farben, vielfältige Materialien, innovative Technik

Viel Farbe: Das Kundenforum in den 1970er mit der Spiegelwand von Adolph Luther im Hintergrund. Foto: Archiv Sparkasse Wuppertal.
Viel Farbe: Das Kundenforum in den 1970er mit der Spiegelwand von Adolph Luther im Hintergrund. Foto: Archiv Sparkasse Wuppertal.

Auch der quadratische Flachbau basiert auf einer Hängekonstruktion ähnlich der des Turms. Bei der Hängekonstruktion machte sich Paul Schneider von Esleben Ideen der Gebrüder Heinz (1902-1996) und Bodo (1903-1995) Rasch für ihre Hängehäuser zu eigen, die die beiden bereits in den 1920er Jahren zur Patentreife entwickelt hatten[1].

Auch die Innenausstattung, insbesondere die der offenen Schalterhalle mit ihren kräftigen Farbakzenten und unterschiedlichen Materialien, ging auf Entwürfe von Paul Schneider von Esleben zurück. Eine Broschüre anlässlich der Eröffnung der Sparkasse beschreibt nicht nur die neuartige Hängekonstruktion und die innovative Heiz- und Belüftungstechnik, sondern auch die neuen Möglichkeiten des Kundenkontaktes in der offenen Schalterhalle: "Der quadratische Grundriß […] gestaltet eine völlige Neuorganisation der Geschäftsbereiche im Interesse eines optimalen Kundendienstes. Die Arbeits- und Beratungsplätze befinden sich im inneren, Kundenraum und Verkehrswege im äußeren Bereich, eine Umkehrung der bisher üblichen Gestaltung von Kassenräumen. […] Trennende Theken als Barrieren zwischen Kunden und Mitarbeitern bestehen nicht mehr. So erlauben ruhige Beratungszonen ein diskretes Gespräch über Geldprobleme aller Art." [2]

Ansichten von der Bauphase in den 1960er Jahren. Foto: Archiv Sparkasse Wuppertal.
Ansichten von der Bauphase in den 1960er Jahren. Foto: Archiv Sparkasse Wuppertal.

Die Kassenhalle hat mittlerweile schon verschiedene Moden der Ausstattung erlebt, angepasst jeweils an ein gewandeltes Kundenverständnis. Bis heute erhalten aber ist das kinetische Objekt von Adolf Luther (1912-90): 44 Stelen mit je 14 Hohlspiegeln bilden eine 34 Meter lange Wand. Die Holspiegel reflektieren Farben und Bilder des Raums und schaffen dadurch ein ständig wechselndes Bild. Ursprünglich drehten sich die Stehen gegenläufig um die eigene Achsen und verfremdeten so noch stärker die Reflektionen. Die Arbeit von Luther geht wohl auf eine Anregung von Paul Schneider von Esleben zurück, der bei seinen öffentlichen Bauten stets Künstler involvierte.

Zu den weiteren Innovationen der Bank zählten für eilige Kunden zwei Drive-in-Schalter, die von der Bundesstraße aus in westlicher Richtung zu erreichen waren: „Bequem, schnell und sicher kann man direkt vom Wagen aus Geld abheben und einzahlen, Überweisungen und Schecks abgeben und Kontoauszüge abholen.“[3] Einen solchen Drive-in-Schalter hatte Paul Schneider von Esleben zum ersten Mal beim Düsseldorfer Commerzbank-Hochhaus 1963 realisiert. Die Sparkasse wird wegen ihrer innovativen Baukonstruktion, der typologisch neuartigen Kombination von Kunden- und Verwaltungszentrum und ihrer Bedeutung als Landmarke für die Stadtsilhouette zurzeit unter Denkmalschutz gestellt.

 

Anmerkungen:

Der Text erschien zuvor im Magazin zur Ausstellung „Paul Schneider von Esleben - Das Erbe der Nachkriegsmoderne“ in Düsseldorf 2015.

[1] Freundlicher Hinweis von Paul Andreas, Düsseldorf.

[2] Broschüre zur Eröffnung der Sparkasse Wuppertal, o.J. (vermutlich 1973), Archiv der Sparkasse Wuppertal.

[3] Siehe Anm. 2.

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