14.10.2016
Städte im Stress - Wege aus der Wohnungsnot
Der BDA setzt sich im Rahmen einer Veranstaltungsreihe mit den Notwendigkeiten und Chancen neuer Konzepte für den Wohnungsbau auseinander.
Peter Köddermann: Das Thema bezahlbarer Wohnraum ist längst zu einer gesellschaftlichen Frage geworden, die sich für ganz NRW in verschiedenen Zusammenhängen sehr aktuell stellt. Auch das Ruhrgebiet, als langjähriges Beispiel für schrumpfende Regionen bekannt, hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Einige Städte der Region wachsen wieder und die Flächenreserven der ehemaligen Industriestandorte sind weitgehend aufgebraucht. Daraus folgt die Frage: Wo gibt es noch Flächen für dringend benötigte Bauvorhaben? Dies betrifft in besonderer Weise auch den geförderten Wohnungsbau. Und das macht es nicht einfacher, diesen als wichtiges Element der Stadtentwicklung im Ruhrgebiet durchzusetzen. Das Ruhrgebiet ist verpflichtet, über seine zukünftige Urbanität nachzudenken.
Peter Köddermann: Vielleicht ist gerade jetzt der richtige Zeitpunkt nach Qualitäten im bezahlbaren und geförderten Wohnungsbau im Ruhrgebiet zu fragen. Dass gebaut werden muss, sagen alle beteiligten Akteure und die Politik. Wie gebaut werden kann, hängt aber von sehr unterschiedlichen Rahmenbedingung ab. Ob das aktuell realisierbare Angebot an Wohnungsbau zu dem Bedarf nach und den Erwartungen an gutes Wohnen passt, ist zu diskutieren.
Die Ausstellung präsentiert unterschiedliche Ansätze für den sozialen Wohnungsbau in der Vergangenheit, aber auch für die Zukunft. Ich würde mir wünschen, dass ein Ausstellungsbesuch zu einem Impuls wird, die Fragen nach Aufgaben, Zielen und der Gestaltung des Wohnungsbaus als wichtige Elemente der Stadtentwicklung des Ruhrgebiets neu zu bewerten. Das Ruhrgebiet war die letzten 250 Jahre ein außerordentlicher Raum. Es könnte ja auch ein besonderer Ort für herausragenden Wohnungsbau werden und eine neue Stufe des viel beschriebenen Strukturwandels auslösen.
Peter Köddermann: Für das M:AI ist es spannend, Zollverein-Besucher mit dem „Wohnen“ zu überraschen. Ist das Thema doch auf den zweiten Blick sehr eng mit der Geschichte des Ortes verwoben. Die Zechenanlagen von Zollverein waren die Quelle zur Stadtentwicklung des heutigen, nördlichen Essen. Ohne Zollverein wären viele Wohnquartiere, ganze Stadteile nicht entstanden. Für die Zollverein-Unternehmer war die Frage der Bindung ihrer Arbeiterschaft an den Arbeitsplatz immer zentral, und so waren sie verpflichtet, frühzeitig bezahlbaren Wohnungsbau um Zollverein zu realisieren. Was bezahlbares Wohnen im Wohnungsbau von Unternehmen der vergangenen 200 Jahre ausmachte, kann man heute um die Ausstellung herum noch in den angrenzenden Stadtteilen ablesen. Für die Zukunft wird es wichtig werden, sich mit der Qualifizierung des Bestandes und der Platzierung neuer Wohnquartiere auseinander zu setzen.
Die Halle 5, ursprünglich entwickelt und realisiert von Fritz Schupp und Martin Kremmer, lässt die begehbaren Ausstellungsmodule in einer besonderen Weise sichtbar werden. Die sehr funktionale, klare Gebäudekubatur umfasst die Ausstellungsmodule und lässt sie spielerisch erscheinen. Das erzeugt eine besondere Szenografie im Raum. Form und Farben, Licht und Raum erzeugen eine besondere Ausstellungsatmosphäre.
3 Fragen an Karen Jung, Kuratorin am M:AI, zur Konzeption und dem Fokus von "Alle wollen wohnen"