Wünsche und Visionen für die Stadt nach Corona
- der UrbanSlam Nr. 6
100 Besucher*innen verfolgten am 13.10.2021 den 6. UrbanSlam der Architektenkammer NRW. Sieger war der Planer Jonathan Schmalöer - mit einem Gedicht über eine lebenswertere Stadt.
Mit dem Langgedicht „Autokorrektur“ gewann der Planer Jonathan Schmalöer den 6. UrbanSlam der Architektenkammer NRW. Baukultur Nordrhein-Westfalen präsentiert hier seinen Gewinnertext, in dem er sich für eine Verkehrswende und für eine lebenswerte, grünere Stadt mit mehr Raum für Menschen statt für Autos ausspricht.
Autokorrektur
Wie sich Städte verändern. In Zentren und an den Rändern. Darüber möchte ich dichten, Von großer Gemeinheit berichten. Denn oft macht es mich traurig zu sehen, Vor welch großem Abgrund wir stehen. Das Klima scheint uns davon zu rennen, Und wir uns nicht mal dagegen zu stemmen. Der Wandel wird kommen, Das wissen wir all.
Drum lasst uns endlich damit beginnen, Zukunft zu gestalten, statt ihr zu entrinnen. Und positiven Einfluss nehmen. Lösungen zu finden für schwierige Themen. Unseren Problemen ins Auge blicken. Bevor unsere Uhren für immer aufhören zu ticken.
Denn sind wir nicht wunderbare Wesen? Mit Gaben bestückt, die sind so erlesen. Voll von Gefühlen und Lieberei Für diese und jenen - für alle was dabei. Also lasst uns auf unsere Stärken besinnen, Auf das wir als Menschheit neue Stufen erklimmen.
Doch scheint mir unsere Kultur zu verblassen. Als führte uns Smartness viel mehr in Sackgassen. Als hausten wir in den Ruinen der Alten, In denen wir nur noch unsere Daten verwalten. Und uns schließlich wie im Mittelalter fragen, Woher bloß diese alten Tempel kamen. Und während unsere Städte zerfließen, Versiegeln wir weiter Äcker und Wiesen. Mit Hallen und Häuschen von Großunternehmen, Aus Sandwichpanelen und WDVS-Systemen. Wie konnte es so weit nur kommen? Ich weiß es nicht – Aber dieses Erbe wiegt Tonnen. Und es bringt nichts dies auszublenden. Lieber diesen Schwachsinn beenden. Also lasst uns unser Wirken fossieren. Auf das nur Gutes in der Zukunft uns kann passieren!
Wie war es denn früher? – In der Gründerzeit. Mit großer Armut und sozialer Ungerechtigkeit. Als Fabriken entstanden, hier und dort. Man Arbeiter brauchte in den Städten vor Ort. Die Häuser entstanden in Reih und Glied, An Straßen, in Blöcken, um Plätze wie nie. Die Wohnungen überfüllt von Menschen waren. Sodass sie sich sehnten nach Luft zum Atmen. Auf das Parks entstanden als grüne Gaben. Und schließlich auch die Arbeitenden etwas Erholung haben. Eigentlich recht leicht. Straße, Block und Platz Komisch, dass man es heute anders macht. Dann kam der Krieg. Alles weg - nichts das blieb. Eine Zeit, in der wir alles gestalten konnten, Von Grunde auf neu an allen Fronten. Raus aus den Höfen hinaus in die Welt, Dem Durchschnitt der Vorort am besten gefällt. Denn da gab es Platz für neues Leben. Vor allem für die, die stets aufstreben. Allen ihr Haus mit Autos vor den Türen. Und Straßen unter die Autos, um die nun die neuen Städte führen. Hier ein paar Riegel um Türme gruppieren, Fließendes Grün kann Abstandsflächen kaschieren. Eine wabernde Struktur, halb Stadt und halb Land. Ab jetzt als unwirtliche Zwischenstadt bekannt. Nur die Gemeinschaft wurde leider vergessen. In all dem Gewusel aus Einzelinteressen. Der Raum, den wir uns alle teilen, In dem wieder viel lieber verweilen. Zu Fuß flanieren oder mit dem Rade eilen. Wir müssen uns die Stadt neu aufteilen!
Und jetzt in der Pandemie? Ist es endlich geschafft! Wir sind digitalisiert, fast. Wollen nicht mehr zur Arbeit fahren. Uns die langen Wege sparen. Lieber Zuhause sitzen. Alleine im Bürostuhl schwitzen. Denn das ist jetzt fast allen klar. Homeoffice ist einfach wunderbar. Ein kleines Stück Selbstständigkeit. In der Pause mal kurz raus. Nicht so förmlich, ganz leger. Freiheit im Alltag, das ist fair.
Aber wo ist dieses raus? Und wie sieht es meistens aus? In was für Städten leben wir? Nach 75 Jahren städtebaulichem Freistil?
Porös sind sie geworden. Voll von nichts. Monofunktional und schlicht. Alles verlernt? Stadtbaukunst? Entschuldigung! Die gibt’s hier leider nicht.
Aber muss das so bleiben? Können wir nicht anfangen die Geschichten unserer Vorstädte fortzuschreiben? Und beginnen die Lücken zu schließen. Resträume zu nutzen, auf das dort neues Leben beginnt zu sprießen. Wir zwar etwas enger zusammenrücken, Und Zwischenräume mit neuen Häusern bestücken. Um alten Menschen aus großen Hütten, Direkt nebenan mit kleineren Wohnungen zu beglücken. Sodass junge Familien dann auch die Möglichkeit haben, Ihren Kindern auf einem eigenen Stück Rasen, Alles Gute zum Geburtstag lieber Michael, zu sagen. So könnten wir der Homogenitätsfalle bewusst entrinnen, Uns ein dichtes Netz aus nachbarschaftlichen Hilfen spinnen. Denn wir haben, was wir brauchen - gesellschaftlich gemeint. Also lasst uns nicht lange warten, dann sind wir gesellschaftlich vereint.
Und da, in der Stadt, wo noch ein Hauch des Alten weht. Wo dicht an dicht jedes Hause steht? Wo Tür an Tür das Leben passiert. Auf engstem Raum die Gemeinschaft regiert. In diesen riesigen Strukturen, Die gezeichnet sind von vielen Spuren. Ablesbare Geschichte, Das ist der Stadt ihr Gesichte. Mit hohen Decken und prächtigen Fassaden. So manch einem Erker und im Erdgeschoss ein Laden. Eine solide Struktur, wie ein Setzkasten, In den schon lange die verschiedensten Leben reinpassten. Da tritt man vor die Tür. Den Hof gerad durchquert, Ein Hortus conclusus, Der war damals noch Usus, Im Rücken die Ruhe, Im Gesicht den Lärm, Betreten wir die Straße, Wünschen uns fern. Und so lernen es auch schon die Kleinen: Haltet euch fern von den Bordsteinen! Sie sind unsere städtischen Grenzen, Nur begehbar in bestimmten Frequenzen. Deshalb wandeln wir meist nur auf schmalen Pfaden, Zwischen geparkten Autos und steilen Fassaden. Corbu, du Genie. So wolltest du das hoffentlich nie. Aber schließlich haben wir uns alle daran gewöhnt: Die autogerechte Stadt ist ungerecht. Es hat etwas gedauert, bis ich all dies verstand. Und ich langsam anfing zu bedauern, dieses scheinbar so mächtige Land. Fest im Griff seiner Automobilindustrie, Hängen geblieben in der Vergangenheit, viel zu weit weg von jeglicher Utopie.
Und so kam der Sommer vor zwei Jahren. Das Warten auf den Regen war kaum zu ertragen. Der Park um die Ecke war nicht wieder zu erkennen. Schon ein Funke würde ihn lassen - lichterloh brennen. Und zu sehen wie direkt vor unserem Haus die drei Buchen Der Trockenheit sich zu widersetzen versuchen. Ließen ihre Blätter so weit hängen, sahen so traurig aus, dass ich das erste Mal begriff: Das ist also Weltschmerz.
Wenn sich das Herz in deiner Brust zusammenzieht, Und du nicht recht weißt, wie dir geschieht. Zur selben Zeit: Kalt und heiß. Während in deinem Kopf die Frage kreist: Warum mache ich eigentlich diesen ganzen Scheiß? Und genieße nicht vielmehr, am besten tagelang. Dieses unglaubliche Geschenk – lausche der Natur ihrem Klang. Es könnte doch so einfach sein. Nur schauen und staunen, zu zweit oder allein. Das Wunder der Erde vor unseren Türen ergründen. Ohne, dass dabei Emissionen in Kalifornien entstünden. Also was blieb mir anderes über als zu schreiben, Welche Möglichkeiten unseren Städten noch bleiben? Um Pflanzen, Menschen und auch Tieren. Ein besseres Zuhause zu kreieren. Welche Orte sind noch über? Und welche Nutzungen schon viel zu lange drüber? Was steht meistens einfach nur rum? Im Schnitt 23 Stunden, das ist einfach nur dumm. Es ist das Auto. Ach ne.
Also wie könnten sich unsere Städte verändern. In Zentren und an den Rändern. Wenn wir erst den Asphalt aufrissen. Und hören würden, auf all das Fachwissen. Wenn unsere fruchtbaren Böden, Nicht immer weiter veröden. Wenn auf diesen ganzen Flächen, Neue Bäume den Asphalt durchbrechen. Und die Alten nicht mehr darben, Sondern blühen in frischen Farben. Und wir alle gemeinsam vom Regen profitieren, Uns auf den grünen Straßen amüsierten. Wir dadurch in kühleren Städten leben. Tropischen Nächten weniger Chancen geben. Und die Gesichter unserer Straßen. Nicht mehr bloß ausgingen von funktionalistischen Fassaden. Sondern Wein und Efeu sie bedeckten, So wie Backsteine sich vor 100 Jahren in den Himmel reckten. Wenn wir endlich begreifen, Das wir uns drehen in Schleifen. Wenn wir uns an allem festhalten, werden wir nie Zukunft gestalten. Wenn wir uns lösen, von allem, drohen wir nur zu zerfallen.
Alles ist im Fluß und nichts Schwarzweiß. Nur gemeinsam können wir es schaffen, das ist alles, was ich weiß.
Junge Architektinnen und Architekten sowie Planerinnen und Planer präsentieren basierend auf dem Konzept des Poetry Slam auf unterhaltsame Art ein realisiertes Werk oder eine Planung vor Publikum. Dieses Jahr zum Themenfeld „KI in der Architektur“. Baukultur NRW unterstützt das Projekt.
In der Vortragsreihe von raum.nrw stellen junge Architekt*innen ihre Projekte, Arbeitsweisen und Organisationsformen vor. Über den klassischen Werkbericht hinaus bietet die Veranstaltung eine Plattform zum Austausch. Baukultur NRW unterstützt die Veranstaltung.
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