Was auf den ersten Blick wie eine übersichtliche Sachentscheidung über eine technische Infrastruktur aussieht, wirft auf den zweiten Blick eine ganze Reihe von Fragen auf, die die Weiterentwicklung unserer Städte auch in Zukunft begleiten werden.
Vordergründig standen bei der Entscheidungsfindung die Kosten im Fokus: Für den Ausbau der Strecke wurden etwa 80 Millionen Euro veranschlagt, eine Förderung des Landes in Höhe von 80% hätte den Anteil der Stadt auf ungefähr 13 Millionen Euro oder 300.000 Euro im Jahr reduziert. Diese Belastung erschien vielen Teilnehmern des Bürgerentscheid offenbar zu hoch: zu hoch mit Blick auf die geplante Lösung, aber auch zu hoch mit Blick auf den finanziellen Handlungsrahmen der Stadt – argumentativ gekoppelt mit Zweifeln an der Prioritätensetzung der lokalen Politik: so spiegelt sich in der Berichterstattung auch die Sorge, dass ein finanzielles Engagement an einer Stelle der Aufrechterhaltung des gesamten ÖPNV-Angebotes im Wege stehen würde.
Argumente für unmittelbare und mittelbare ökonomische Vorteile für die Stadt durch größere Besucher- und Einkäuferzahlen, die Attraktivierung des Standortes für Arbeitgeber und eine schnellere Anbindung an überregionale Verkehrsnetze haben alle die strukturelle Schwierigkeit, notgedrungen mit Annahmen und Hochrechnungen auf zukünftige Entwicklungen zu agieren. Unabhängig vom Einzelfall ist diese Argumentation für die Zukunft immer wesentlich abhängig vom Vertrauen in die Experten. Wird es in Frage gestellt oder verweigert, wird zukunftsorientierten Argumenten der Boden unter den Füßen entzogen.
Viele der Vorteile einer solchen Infrastrukturinvestition sind darüber hinaus eher volkswirtschaftlicher als betriebswirtschaftlicher Natur: der Benefit eines solchen Engagements findet sich nicht in erster Linie in den Bilanzen der städtischen Verkehrsbetriebe, sondern in einer abstrakter zu erfassenden Entwicklung der Stadt und der Region – obwohl die regionale Vernetzung im Sinne einer gemeinsam agierenden Metropolregion argumentativ eine offensichtlich sehr geringe Rolle gespielt hat.
Last but not least wirft das Verfahren auch Fragen zum Verhältnis der politischen Entscheidungsträger zur Bürgerschaft und der Funktion eines Bürgerentscheides auf: Für eine Bürgerbefragung hat man sich der Berichterstattung zu Folge nichtzuletzt deshalb entschieden, weil kurz vor den anstehenden Wahlen niemand die Verantwortung für eine möglicherweise unpopuläre Entscheidung übernehmen wollte. Der im Grunde erfreuliche vorherrschende Respekt der Politiker vor der Entscheidung der Bürger kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch in Zukunft zunächst unpopuläre Entscheidungen eine öffentliche Diskussion benötigen, ohne dass die Gefahr besteht, dass größere und zukunftsgerichtete Vorhaben grundsätzlich verhindert werden. An dieser Stelle wird deutlich, das eine sinnvolle Beteiligung der Öffentlichkeit nicht nur mit einem begrenzten Interesse kämpft, sondern auch mit der Vermittlung übergeordneter und strategischer Überlegungen.
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