Kirchen sind Stein gewordene Kulturgeschichte. Sakralbauten haben Menschen zu allen Zeiten zu baukulturellen Höchstleistungen motiviert. In ganz Europa sinkt die Zahl der Gemeindemitglieder. Kirchengebäude stehen immer häufiger leer und werden zunehmend zum finanziellen Problem für die Kirchen und ihre Gemeinden. Im städtischen Gefüge entstehen Leerstellen an zentralen Orten. Die Gesellschaft verliert prägende soziale und öffentliche Räume. Von den rund 6.000 Kirchen in Nordrhein-Westfalen werden in den nächsten Jahren fast 30 Prozent ihre ursprüngliche Funktion verlieren.
Ausstellung zur Bedeutung des Kirchenbaus
Das M:AI – Museum für Architektur und Ingenieurkunst NRW zeigt mit "Fluch und Segen" vom 9. September bis 10. November 2019 eine Ausstellung, die sich mit der Bedeutung des Kirchenbaus beschäftigt, insbesondere dem der Moderne, und den aktuellen Herausforderungen im Umgang mit diesen Gebäuden. Die Ausstellung möchte die gebaute und theologische Komplexität dieser Bauten aufschlüsseln, ihre Wirkung und Strahlkraft im Stadtgefüge verdeutlichen und vor diesem Hintergrund neue Nutzungsmöglichkeiten aufzeigen.
Gegenpol zum Profanen und Alltäglichen
Für Architekten bedeutet der Bau einer Kirche immer etwas Besonderes. Kaum eine Bautypologie lässt ihnen eine so große gestalterische Freiheit. Sakralbauten bilden in ihrer Gestaltung und Ästhetik einen Gegenpol zum Profanen und Alltäglichen. Es ist vor allem die besondere Atmosphäre der Innenräume, die die Menschen berührt und einnimmt.
Oftmals sind sie biografische Orte über Generationen, sie spiegeln kirchengeschichtliche und gesellschaftliche Entwicklungen, und sie sind kulturelle Zeugnisse. Der Umgang mit ihnen ist daher nicht nur eine kirchliche Angelegenheit oder ein Immobilen-Angebot, sondern eine gesellschaftliche Aufgabe.
St. Gertrud von Gottfried Böhm
Erster Ausstellungsort ist die Kirche St. Gertrud in Köln, gebaut nach Entwürfen von Gottfried Böhm. Das M:AI inszeniert das Kirchengebäude als erlebbares Ausstellungsexponat. In der Anschauung und im Begreifen des Bauwerks wird sowohl das Charakteristische des Gebäudes wie das Allgemeine der Kirchenarchitektur der Moderne herausarbeitet und im zeitgeschichtlichen Kontext erläutert. Es soll erfahrbar werden, warum der Umgang mit diesem wertvollen Erbe schwierig ist und eine Herausforderung, die nicht so einfach zu meistern ist – die uns aber alle angeht.
Ergänzend zur Ausstellung fördern StadtBau- Kultur NRW, die Architektenkammer NRW und die Ingenieurkammer-Bau NRW unter Mitwirkung der (Erz-)Bistümer und der Landeskirchen einen Wettbewerb, der Gemeinden bei den Herausforderungen des Umgangs mit ihrem Kirchengebäude unterstützt. Die Website „Zukunft-Kirchen-Räume“ stellt Informationen zu Prozessen der Umnutzung bereit.
Eröffnung "Fluch und Segen. Kirchen der Moderne"
Wann: Sonntag, 8. September 2019, 15 Uhr
Wo: St. Gertrud, Krefelder Straße 57, 50670 Köln
Programm
Begrüßung & Einführung
Dr. Ursula Kleefisch-Jobst, Geschäftsführende Kuratorin des M:AI NRW
Diskussion: "Was geschieht mit unseren Kirchen?"
- Dr. Jan Heinisch, Staatssekretär im Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung Nordrhein-Westfalen
- Weihbischof Rolf Steinhäuser, Köln
- Franz Meurer, Pfarrer, Köln
- Prof. Paul Böhm, Architekt, Köln
Moderation: Melanie Wielens