Foto: Erica Overmeer, David von Becker.

Brutalismus in der Böttgerstraße – Das Lobe Block Terrassenhaus in Berlin

Die Ausstellung zum Mies van der Rohe Award 2019 zeigt herausragende Architekturen der vergangenen zwei Jahre: Wir stellen in einer Blogserie die Gewinner und Finalisten vor. Darunter befindet sich auch das Lobe Block Terrassenhaus in Berlin.

Ein soziales Experiment mitten im Berliner Stadtteil Wedding: Die sanfte Verschmelzung von Wohnen und Arbeiten, privat und öffentlich, städtisch und ländlich, Grau und Grün – darauf setzen die Bauherrinnen und Architekten des Lobe Block Terrassenhauses in Berlin.

Olivia Reynolds wünschte sich einen offenen Ort für Austausch, soziale Interaktion und kreatives Arbeiten als sie 2014 die brachliegende Gewerbefläche ergattert. Gemeinsam mit Kollegin Elke Falat werben sie zwei Jahre um die finanzielle Unterstützung ihres Projektes und stoßen lange Zeit auf Skepsis und Ablehnung – nicht zuletzt wegen ihres Geschlechts. Als das Konzept schließlich bewilligt wird, macht sich das Architektenteam bestehend aus Brandlhuber+Emde, Burlon und Muck Petzet an die Arbeit. Das Ergebnis ist ein außergewöhnliches Terrassenhaus, das in seiner Ästhetik und Funktionalität typisch für den Stil Arno Brandlhubers ist. Es erinnert an seine Projekte wie die Antivilla in Potsdam oder auch das Ateliergebäude in der Berliner Brunnenstraße.

Ein Wasserfall in Berlin

Entlang der Gleise der Berliner Ringbahn wächst der bewohnbare Rohbau kaskadenartig in die Höhe. Außenliegende Treppen, ein Geländer aus Stahlprofilen und Fassaden mit raumhohen Glasflächen lassen die brutalistische Architektur trotz des groben Materials offen und einladend wirken. Als Sicht- und Sonnenschutz dienen außen angebrachte, silbergraue Vorhänge aus Geotextil. Zur Böttgerstraße hin springen die Etagen von oben nach unten jeweils zurück, sodass im Eingangsbereich ein halböffentlicher Platz bei maximaler Überbauung entsteht. Auf der Rückseite verfügt jedes Obergeschoss über eine sechs Meter breite Terrasse sowie ein begehbares Flachdach und einen öffentlichen Garten. Bei Sonne laden die in Richtung Südwesten gelegenen Terrassen zu einem weiten Blick über die Hauptstadt ein, bei Regen fließt das Wasser über die leicht geneigten Geschossplatten abwärts – ganz wie bei einem Wasserfall. Mit der langfristig geplanten Bepflanzung des Betonblocks und ein bisschen Fantasie fällt es nicht schwer, sich dabei fast tropische Bilder inmitten der Metropole vorzustellen.

Foto: Erica Overmeer, David von Becker.
Foto: Erica Overmeer, David von Becker.

Heterogene Nutzung

Die Heterogenität des Kiezes mit Wohn- und Gewerbeflächen spiegelt sich auch im Mikrokosmos des Lobe Blocks. Eine Mischnutzung aus kreativem Arbeiten und Zusammenleben im Grünen war das Ziel. Die Standardausstattung des Terrassenhauses ist daher bewusst sehr simpel gestaltet. Abgesehen von den technischen Anschlüssen und sanitären Einrichtungen lassen sich die Räume mehr oder weniger beliebig in maximal vier Einheiten durch Leichtbauwände aus Gipskarton und Seekiefernplatten aufteilen. Diese flexible Gestaltungsmöglichkeit innerhalb der Geschosse steht ganz im Sinne der Nachhaltigkeit und Freiheit in der Nutzung. So kann es auch in 100 Jahren noch auf gesellschaftliche Bedürfnisse reagieren, erklärt Reynolds. Aktuell beheimatet das Terrassenhaus eine Galerie, ein Café, ein Yogastudio, ein Modelabel, ein Verein zur Integration geflüchteter Künstler*innen sowie Co-Working-Spaces unterschiedlicher Nutzer*innen aus der Kreativbranche.

The Social Fabric

Ein weiteres Ziel war es, die Anonymität der Großstadt zu überwinden und den Austausch der Nachbar*innen untereinander zu fördern. Elemente, wie die breiten Terrassen, die raumhohen Glasfronten, der gemeinschaftlich genutzte Garten und das für alle zugängliche Dach verschmelzen das Private mit dem Öffentlichen und „zwingen“ die Nutzer*innen des Blocks förmlich zu sozialen Interaktionen. Außerdem sind auch Nachbar*innen eingeladen, sich in den öffentlichen Bereichen zu bewegen. Die Nutzer*innen bezeichnen das Terrassenhaus selbst als „soziale Fabrik“.

Die Mieterschaft wird von Olivia Reynolds kuratiert, bezahlt wird im Durchschnitt entsprechend des Mietspiegels. Zwar begegnet der Lobe Block den Herausforderungen des Zusammenlebens in der urbanen Großstadt, einige Kritiker*innen sprechen dabei dennoch von einer Gentrifizierung des Weddings. Nichtsdestotrotz bleibt das Terrassenhaus ein mutiges urbanes Experiment, dessen Ergebnisse erst in ein paar Jahren sichtbar sein werden.

Foto: David von Becker.
Foto: David von Becker.

Lobe Block Terrassenhaus, Berlin, Deutschland

  • Neubau
  • 3.396 m2
  • Architekt*innen: Brandlhuber+ Emde, Burlon, Muck Petzet Architekten: Arno Brandlhuber, Thomas Burlon, Markus Emde, Muck Petzet
  • Auftraggeber*in: Lobe Block / Olivia Reynolds & Elke Falat
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